Kapitalmarktausblick 08/2024

Die dreifache Blase (KI, Konjunktur und Staatsdefizit) in den USA

30.8.2024

Ende Juli hatten wir darauf hingewiesen, dass US-Aktien in mancher Hinsicht sogar stärker überbewertet waren als während der Telekom- und Internetblase im Jahr 2000 und in der TINA-Blase (There Is No Alternative) im Jahr 2021. Die wirtschaftlichen Tendenzen waren nämlich in diesen beiden Jahren positiv, während es 2024 weltweit wachsende Rezessionsrisiken gibt. Außerdem war die geopolitische Lage in den beiden früheren Jahren erheblich günstiger als jetzt. Anders als 2021, als die Zinsen auch in den USA noch auf historischen Tiefstständen verharrten, gibt es jetzt in den USA eine Alternative, nämlich US-Staatsanleihen. Im Gegensatz zum Jahr 2000 ist diesmal im weltweiten Vergleich nur der US-Aktienmarkt stark überteuert (Grafik 1). War der Kursrutsch Anfang August ein erstes Warnzeichen?

Executive Summary:

Die positiven Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) werden sowohl bezüglich der großen Technologiefirmen – überwiegend in den USA beheimatet – als auch in ihrer Wirkung auf das langfristige Wirtschaftswachstum überschätzt, die Chancen für Firmen, die KI sinnvoll nutzen können, werden dagegen unterschätzt. Damit ist die im Vergleich zu anderen Aktienmärkten gegebene hohe Bewertung von US-Technologieaktien als Überbewertung oder sogar Blase zu beurteilen. Diese Einschätzung wird dadurch verstärkt, dass auch Bewertungsmodelle mit Wirtschaftsdaten wie der US-Inflation und dem US- und weltweiten Wirtschaftswachstum, die teilweise über 100 Jahre zurückgerechnet werden können, zu negativen Ertragserwartungen für US-Aktien bis 2034 führen. Der Bewertungsvergleich zu US-Wohnimmobilien und Gold fällt für US-Aktien ebenfalls sehr ungünstig aus, ebenso wie unser klassisches Prognosemodell auf der Basis von Dividenden, Bruttogewinnen und Buchwerten sowie die Aktienkursprognose anhand der Stimmung der US-Anleger, die seit 1947 noch nie so optimistisch waren wie im Sommer 2024.

Die KI-Fantasie der Anleger darf nicht durch schlechte Nachrichten aus diesem Bereich beeinträchtigt werden und die US-Wirtschaft darf nicht enttäuschen, ansonsten bestehen in den USA erhebliche langfristige Kursrisiken.

Die Bewertung des US-Aktienmarktes ist sowohl bezüglich seiner eigenen Historie als auch im Vergleich zu den Aktienmärkten der anderen großen Industrieländer auffallend hoch (Grafik 1) – US-Aktien erreichen über 90% des Bewertungsniveaus am Höhepunkt der Blase vom März 2000, die übrigen Aktienmärkte dagegen nur zwischen 40% und 51%. Dabei waren die jährlichen Zuwachsraten der Dividenden, der Bruttogewinne und der Buchwerte der US-Firmen seit 1974 mit 7,2% p.a. genauso hoch wie die der japanischen und kaum höher als die der deutschen Firmen (6,8% p.a., Grafik 2).

Der Anstieg der Bewertung von US-Aktien ab 2022 hängt mit der Fantasie über die kommerziellen Chancen von Künstlicher Intelligenz (KI) zusammen, die insbesondere von den großen Technologieunternehmen aus den USA entwickelt wird. Dabei dürften die Anleger die Kurse dieser Unternehmen zu hoch getrieben haben. Das wichtigste Argument für diese Behauptung liegt in der Historie der Einführung neuer Hochtechnologien (Grafik 3), die schon 1987 den Wirtschafts-Nobelpreisträger Robert Solow zu der bekannten Bemerkung veranlasste: „Computer finden sich überall – außer in den Produktivitätsstatistiken.“ (Quelle: Wikipedia 2024, Stichwort Produktivitätsparadoxon).

Offensichtlich können die Produktivitätsgewinne durch Hochtechnologieeinsatz nicht den seit Jahrzehnten zu beobachtenden Rückgang des weltweiten Wirtschaftswachstums ausgleichen (Grafik 3), insbesondere nicht in den Industrieländern. Möglicherweise heben sich auch die positiven und negativen Auswirkungen moderner Technologien für das Wirtschaftswachstum auf (siehe auch dazu Wikipedia 2024, Stichwort Produktivitätsparadoxon). Jedenfalls liefert die Geschichte keinerlei Rechtfertigung für die Annahme eines nachhaltigen und sofortigen Wirtschaftsbooms nach der Einführung einer neuen computerbasierten Technologie, sodass die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Boom eher bei 0% als bei 100% angesiedelt ist.

Das nächste Problem liegt in der Tatsache, dass hohe Investitionen, wie sie jetzt von den Hochtechnologiefirmen getätigt werden, oftmals schwache Renditen oder sogar hohe Verluste produziert haben. Ein hervorragendes aktuelles Beispiel ist China, wo die gewaltigen Investitionen in Wohnimmobilien zu enormen Leerständen geführt haben und daher jetzt der Wohnungsbau zusammenbricht (siehe Grafik 4 sowie die Kapitalmarktausblicke vom September 2022 (hier) und November 2021 (hier), wo wir die kommenden Probleme Chinas frühzeitig beschrieben haben). Beeindruckend ist die Tatsache, dass China jetzt denselben Fehler zum zweiten Mal macht, nämlich bei der massiven Förderung von Fabriken zum Bau von Elektroautos, Solarpaneelen, Autobatterien, … . Für jemanden, der Mao als den großen weisen Führer Chinas verehrt, mag es überraschend sein, aber es ist eben eine einfache Erkenntnis der Betriebswirtschaftslehrer, dass zu viele Investitionen zu Überkapazitäten und diese zu Verlusten führen. Genau das ist zurzeit in Chinas Industrie zu sehen (Grafik 5).

Beispiele für weitere Investitionsblasen aus der jüngeren Vergangenheit sind die Doppelblase am japanischen Aktien- und Immobilienmarkt bis 1990, die Blase der Immobilieninvestitionen in Ostdeutschland bis 1994, die Blase der Telekom- und Internetaktien bis 2000 und die Subprimekrise, später Finanzkrise genannt, bis 2009, ausgehend von den USA (zu diesen Investitionsblasen siehe detaillierte Informationen im Kapitalmarktausblick vom Oktober 2020, den Sie hier finden). Die aktuelle Investitionsblase (neben dem Fabrikbau in China) wird gerade im KI-Sektor aufgepumpt, und zwar auf 3 Ebenen. Allgemein bekannt ist die Konzentration vieler Anleger auf die Aktien der (auch) im KI-Bereich tätigen großen Technologieunternehmen in den USA. Etwas weniger geläufig sind manchem Anleger die enormen Summen, die von diesen Firmen bereits im Unternehmensbereich KI investiert wurden oder noch investiert werden sollen. Beispiele sind Google (geplante Investitionen in KI von über 100 Mrd. $, Quelle: Demis Hassabis, CEO von Deepmind, der KI-Tochterfirma von Google, im April 2024), oder Microsoft, die ebenfalls Investitionen von über 100 Mrd. $ planen (Quelle: golem.de im März 2024). Die dritte Ebene ist der enorme Stromverbrauch durch KI. Die angesehene Neue Zürcher Zeitung berichtete am 16.2.2024, dass das Befragen von Chat-GPT dreißigmal so viel Strom verbrauchen könnte wie herkömmliches „googeln“. Da kann man Verständnis dafür haben, dass Google den Stromverbrauch aus dem letzten Klimaschutzbericht weglässt, wie das Swiss IT Magazine am 3.7.2024 berichtete. The Macro Strategy Partners meldeten am 13.8.2024, dass der Preis für die Errichtung von Kraftwerkskapazität (1 Megawatt pro Tag) sich gegenüber dem Vorjahr verneunfacht hat.

Schließlich weist KI im Vergleich zu den heute erfolgreichen, vor 25 Jahren aber noch defizitären Internetgeschäftsmodellen einen erheblichen Nachteil auf, nämlich den vermutlich fehlenden Netzwerkeffekt (Quelle: BCA, Juli 2024). Facebook, Amazon, Microsoft oder Google profitieren davon, dass man deren Angebot nutzt, weil es auch andere nutzen und dadurch interessant wird. Das dürfte bei KI nicht funktionieren, da alle KI-Modelle letztlich an ähnlichen oder die gleichen Daten trainiert werden und sich daher in ihrer Leistungsfähigkeit möglicherweise langfristig kaum unterscheiden werden. Man kann also das Modell des einen Anbieters nutzen oder das eines Konkurrenten, wenn dieses billiger ist. Übrigens wird auch das Thema der Bezahlung von Daten, die die KI-Firmen zum Training ihrer Modelle benötigen, an Bedeutung gewinnen, denn bisher werden die dazu verwendeten Daten oftmals gestohlen. Der kanadische Researchdienst BCA, immerhin seit 1949 im Geschäft, bringt zur KI-Thematik eine interessante Parallele, nämlich das Geschäft der Fluglinien. Für die Kunden sind Fluglinien sehr wichtig und nützlich, aber sie sind kein besonders profitables Geschäftsmodell. Der Einsatz von KI wird zahlreichen Firmen und Branchen, z. B. der Gesundheitsbranche, erhebliche Produktivitätsfortschritte ermöglichen. Die Aktienkurse solcher Firmen sind zurzeit nicht aufgebläht; dieser Gedanke scheint also noch kein Konsens zu sein.

Nur wenn die optimistischen Erwartungen der Besitzer von KI-Aktien nachhaltig in Erfüllung gehen und wenn künftig die Wirtschaft weiter mindestens moderat wächst (zum allgemein unterschätzten Rezessionsrisiko siehe den Kapitalmarktausblick vom Juli 2024 (hier)), könnte die Bewertung von US-Aktien auf dem jetzigen Niveau bleiben. Wenn es aber nicht ganz so gut kommt, sind die Risiken erheblich, auch wenn die USA einige strukturelle Vorteile gegenüber Europa aufweisen. Zu nennen ist hier die seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine größere wirtschaftspolitische Unsicherheit in Europa, die in den vom Kriegsgebiet weit entfernt liegenden USA und Japan aktuell viel niedriger ist (Grafik 6). Übrigens gibt es diesen Index für China seit November 2023 nicht mehr; der letzte Wert lag bei sehr hohen 743. Diese seit der Finanzkrise 2008 stark gestiegene Unsicherheit in Europa weist seit 1987 zur relativen Performance von US-Aktien im Vergleich zu europäischen Aktien eine hohe Korrelation von +0,8 auf (Grafik 7).

Die Korrelation kann zwischen -1 (beide Linien verlaufen immer gegensätzlich) und +1 schwanken (beide Linien bewegen sich immer in die gleiche Richtung) – +0,8 ist ein recht hoher Wert. Sollte der Krieg beendet werden oder zumindest der Putin-Bewunderer Trump nicht US-Präsident werden, dürften die blaue und die rote Linie in Grafik 7 nach unten gehen.

Ein weiterer struktureller Vorteil der USA war bisher die vergleichsweise niedrige Staatsquote (Grafik 8). Die US-Regierung beansprucht einen deutlich kleineren Teil dessen, was die Bürger erwirtschaften, als beispielsweise die EU, nämlich nur 34% statt 49%. Die Kehrseite der Medaille ist die explodierende Staatsverschuldung, die seit dem Jahr 2000 von 56% des Volkseinkommens auf 122% angestiegen ist (Grafik 9, blaue Linie). Dagegen ist die Staatsverschuldung in der Eurozone im selben Zeitraum nur moderat gewachsen. Sie betrug im Jahr 2000 69% des Volkseinkommens und liegt aktuell auf einem Niveau von 89% (Quelle: Eurostat (Trading Economics), August 2024).

Der Grafik 9 kann man entnehmen, dass die US-Staatsverschuldung nach dem 2. Weltkrieg gemessen am Volkseinkommen genauso hoch war wie heute, dann aber sehr schnell gefallen war. Man sollte sich keine Hoffnungen machen, dass es diesmal genauso kommt. Der ganz überwiegende Teil der damaligen Schulden war aufgrund der Staatsausgaben für den Krieg gegen Deutschland und Japan entstanden. Nach Kriegsende verschwanden auch die hohen Staatsdefizite sofort. Die heutigen Schulden sind durch aufgeblähte Sozialausgaben und ständige Konjunkturstimulierung entstanden. Wenn man diese abrupt beendet, gibt es sofort enorme politische und wirtschaftliche Probleme. Ein weiterer Unterschied zur heutigen Situation bestand darin, dass die Privatwirtschaft im Nachkriegsjahr 1947 nur mit 47% des Volkseinkommens verschuldet war (Private Haushalte: 18%, Unternehmen: 29%, Grafik 9). Im Jahr 2024 ist dieser Wert mit 150% auf mehr als das Dreifache angestiegen. Entsprechend liegt die Gesamtverschuldung in den USA aktuell bei 272%; nach dem 2. Weltkrieg waren es nur 153% (Grafik 10). Ein weiterer negativer Unterschied zur Nachkriegszeit besteht darin, dass die US-Zentralbank damals die Zinsen für 10-jährige Staatsanleihen auf unter 2% gedrückt hatte (grüne Punkte in Grafik 11) – dessen hat man sich wohl in den beiden Corona-Jahren erinnert (blaue Punkte ganz rechts), es dann aber wieder vergessen (rote Punkte). Vergleichbar hohe Zinsen wie 2022 und 2023 gab es zuvor in den USA nur bei Staatsschulden unter 70%. Extrem hohe Staatsschulden führen mittelfristig bei den aktuellen Zinsen (rote Punkte) zu einer enormen Belastung des Staatshaushaltes, was über Ausgabenkürzungen das Wachstum belasten wird.

Schließlich weisen die USA noch einen allerdings wichtigen Vorteil auf, nämlich einen großen und auch für Venture Capital ergiebigen Kapitalmarkt, der ein wichtiger Grund dafür ist, dass die USA sehr viele innovative Unternehmen hervorbringen. Die EU sollte sich neben der ständigen Produktion neuer Regulierungen vielleicht auch mal kurz mit der Schaffung eines einheitlichen Kapitalmarktes beschäftigen. Das ist eine ihrer natürlichen Aufgaben.

Nachdem wir bei den Schulden einen Blick in die ferne Vergangenheit geworfen haben, werden wir dies nun auch bei der Bewertung des Aktienmarktes tun.

Bis zum 1. Weltkrieg (1914 bis 1918) gab es in den USA kaum Inflation, da der US-Dollar anders als die europäischen Währungen auch noch nach dem Ersten Weltkrieg eine Goldwährung war (Grafik 12). In den 100 Jahren seit 1820 erreichte die durchschnittliche Inflationsrate nur 0,7% p.a., die Aktienkurse stiegen jährlich um 1,3%. Danach erreichte die Inflationsrate durchschnittlich 2,8% p.a., während die Aktienkurse seit 1920 jährlich um 6,4% zugelegt haben (Grafik 12). Dabei half ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts die Tatsache, dass die Firmen nicht mehr wie bis 1950 den überwiegenden Teil der Firmengewinne als Dividende ausschütteten – daher die in diesem Zeitraum sehr hohen Dividendenrenditen (Grafik 13) -, sondern einen wachsenden Teil des Gewinns einbehielten, sodass das Kapital der Firmen schneller wachsen konnte.

Wenn man die inflationsbereinigten, also realen Aktienkurse betrachtet, so erkennt man, dass diese seit 1920 einem Trend gefolgt sind, den sie zeitweise, z.B. in den Jahren 2000, 2021 und 2024, kräftig überschritten hatten (Grafik 14). Es gab aber auch Zeiten, in denen die Kursentwicklung wesentlich schwächer war als der Trend. Die jeweils künftigen 10-Jahres-Kursgewinne waren in den letzten 104 Jahren bei einem mit dem Jahr 2024 vergleichbar hohen Bewertungsniveau (76% über dem Trend) bei -4% p.a. (Grafik 15).

Ein Ansatz, der die seit 1950 kräftig steigenden realen Aktienkurse mit der Entwicklung des Volkseinkommens vergleicht, kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Der Kursverlauf entspricht insbesondere dann ungefähr dem Wirtschaftswachstum, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass die US-Firmen sich nach dem Zweiten Weltkrieg immer stärker den Weltmärkten zugewandt haben und man daher nicht nur die US-Wirtschaft, sondern zur Hälfte die Entwicklung der weltweiten Wirtschaftsleistung heranzieht (Grafik 16). Auch hier weisen die künftigen Kursgewinne einen recht engen Zusammenhang mit der Abweichung der Aktienkurse vom Wirtschaftswachstum auf; bei einem um mehr als 30% stärkeren Kursanstieg – aktuell sind es 65% - waren im folgenden Jahrzehnt immer Kursverluste zu verzeichnen (Grafik 17).

Der US-Aktienmarkt ist leider nicht nur im Vergleich zu anderen Aktienmärkten (Grafik 1) oder zu den Wirtschaftsdaten Inflation (Grafik 14) und Wirtschaftswachstum (Grafik 16) überbewertet, sondern auch zum Goldpreis und den US-Wohnimmobilien. Seit dem Jahr 1900 war die Preisentwicklung der drei Sachwerte Aktien, Immobilien und Gold in den USA 82 Jahre lang unter erheblichen Schwankungen praktisch identisch (ohne Berücksichtigung von Dividenden und Mieterträgen, Grafik 18). Ab 1982 zogen jedoch die Aktienkurse bis 2024 auf den siebenfachen Wert der beiden anderen Sachwertanlagen davon (Grafik 19).

Dies stellt eine massive Überbewertung dar, weil es für diese auffallend gute Entwicklung von US-Aktien seit 1982 Gründe gibt, die nicht nachhaltig sind.

Grafik 22 zeigt, dass die US-Unternehmen in diesem Zeitraum den Anteil ihrer Nachsteuergewinne am US-Volkseinkommen massiv von 5% auf 11% erhöhen konnten. Dies war nicht nur das Ergebnis erfolgreicher Unternehmertätigkeit, sondern auch eine Folge der Globalisierung, die wegen der Angst vor Betriebsverlagerungen ins billigere Ausland zu geringeren Forderungen nach Lohnerhöhungen führte. Entsprechend sank der Anteil der Arbeitnehmereinkommen am Volkseinkommen von 57% im Jahr 1982 auf einen Tiefststand seit 1947 von weniger als 52% (Grafik 21) - eine der Ursachen des Populismus in den USA. Ein weiterer Grund für die Gewinnsteigerungen war die Tatsache, dass die Unternehmen aktuell nur noch 1% des Volkseinkommens an Steuern zahlen müssen, während die Vergleichszahl von 1945, als die Staatsschulden ungefähr genauso hoch waren wie heute (Grafik 9, blaue Linie), siebenmal so hoch lag (Grafik 22). Die US-Regierung wird aber nicht dauerhaft auf eine stärkere Besteuerung der Unternehmensgewinne verzichten können – aus finanziellen, aber auch aus politischen Gründen. Inzwischen hat die Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris eine Anhebung der Unternehmenssteuern von 21% auf 28% gefordert.

Die hohe Bewertung von US-Aktien (Grafik 23) dürfte in den nächsten 10 Jahren zu jährlichen Kursverlusten von 3% p.a. führen, wie es auch bei ähnlich hoher Bewertung in den Jahren 1999 und 2000 war (Grafik 24). Dafür sprechen auch die nicht nachhaltigen Gründe für die hohen Gewinnsteigerungen der letzten 40 Jahre (Grafiken 20 bis 22), die übertriebene Euphorie bezüglich des Themas Künstliche Intelligenz und die Überbewertung im Vergleich zum üblichen Verlauf der realen Aktienkurse (Grafik 14) und der realen Wirtschaftsleistung (Grafik 16). Auch die massive Outperformance im Vergleich zu den anderen Sachwerten Wohnimmobilien und Gold ist sehr auffällig und vermutlich nicht nachhaltig.

Die Euphorie der Anleger, gemessen an der Aktienquote in ihrem liquiden Vermögen (Grafik 25), war seit 1947 ein zuverlässiger Indikator für eine ungünstige künftige Kursentwicklung (Grafik 26).

Die letzte Auffälligkeit, die wir aufzeigen möchten, ist der bisher nie dagewesene starke Rückgang der sehr zuverlässigen Leading Economic Indicators des US-Researchhauses The Conference Board seit dem Jahreswechsel 2021/2022 in den drei größten Wirtschaftsräumen der Welt, nämlich in den USA, in China und in der Eurozone - auch im Juli 2024 – bei gleichzeitig steigenden Aktienkursen (Grafiken 27 bis 29, rotes Oval). Ökonomisch macht diese gegenläufige Entwicklung keinen Sinn, auch dann nicht, wenn bald die Zinsen sinken.

Fazit:

Insgesamt hat die KI-Euphorie zu einer Überbewertung von US-Aktien im Vergleich zur Historie des US-Aktienmarktes, zu anderen Aktienmärkten, zu anderen Sachwertanlagen und zu Wirtschaftsdaten wie Konsumentenpreisentwicklung und Wachstum des Volkseinkommens geführt. Die besonders günstigen Bedingungen für die Gewinnentwicklung der US-Firmen seit 1982 haben ebenfalls zu dieser Überbewertung beigetragen und sind nicht nachhaltig. Dasselbe gilt für die massive Konjunkturstützung durch die rekordhohe Neuverschuldung der US-Regierung in Friedenszeiten, die in diesem Jahr erneut bei über 7% des Volkseinkommens liegen wird. Ambrose Evans-Pritchard, der internationale Wirtschaftsredakteur des Daily Telegraph, einer 1855 gegründeten britischen Zeitung, schrieb im August 2024, dass ausgehend von den aktuell für eine normale Konjunkturphase rekordhohen Staatsdefiziten der USA bei einer Konjunkturschwäche schnell Defizite in der Größenordnung von 15% des Volkseinkommens (Maastricht-Kriterium: 3%) erreicht werden dürften.

Spätestens dann wird die heiße Luft aus der Dreifach-Blase entweichen.

An dieser Stelle werden wir wie üblich die Kernaussagen unseres Kapitalmarktausblicks von vor 3 Jahren wiederholen, damit Sie ein Gefühl für unsere Langfristprognosen bekommen.

Den Kapitalmarktausblick von August 2021 finden Sie hier. Darin war die Energiewende unser Thema. Dabei kamen wir zu der Erkenntnis, dass eine Beschränkung der Klimapolitik auf die Reduzierung der CO2-Emissionen nicht der richtige Weg ist, weil damit enorme Kosten verbunden sind, die die Wähler möglicherweise langfristig nicht mittragen werden. Wesentlich effizienter ist eine Mischung aus Reduzierung der CO2-Emissionen, Investitionen in Forschung und Entwicklung zum Thema Grüne Energie und Abschwächung der negativen Folgen der Erderwärmung sowie – als effizienteste Maßnahme – das sofortige Ende der Subventionierung fossiler Energie.

Die Politik wird den effizientesten Weg, nämlich eine einheitliche CO2-Steuer bei Ausgleich der daraus entstehenden sozialen Härten, aber nicht gehen wollen, weil der Wähler nur den simplen Weg versteht und unterstützt (Verbote, Subventionen für E-Autos, …). Vergleichbar ist dies mit der Wohnungspolitik, wo man mit breiter Unterstützung der Wähler lieber Mietpreisbremsen pflegt, mit Enteignung der Mietshausbesitzer droht und den Mieterschutz immer weiter ausdehnt, sodass der Bau von Wohnungen immer unattraktiver wird.

Den Kapitalmarktausblick können Sie auch hier herunterladen.

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