Kapitalmarktausblick 08/2021

Politik, Klima und Kapital

1.9.2021

In diesem Kapitalmarktausblick behandeln wir die Herausforderungen, die der Klimawandel für die Menschen, die Wirtschaft, die Politik und den Kapitalmarkt bedeutet. Wie gewohnt, hinterfragen wir sehr kritisch die oft einseitige mediale Berichterstattung und die politischen Maßnahmen. Zu diesem Zweck haben wir auch diesmal Research und Quellen zu Rate gezogen, die weniger bekannt und populär sind und Zusammenhänge in einem anderen als dem langläufig kommunizierten Licht zeigen. Wir wollen damit unterstreichen, dass die Thematik der Bekämpfung des Klimawandels zum einen sehr komplex ist und zum anderen es alternative und aus unserer Sicht effizientere Handlungsmöglichkeiten der Politik zur Bekämpfung des Klimawandels gäbe.

Aufgrund der Vielschichtigkeit des Themas ist diese Ausarbeitung länger als gewöhnlich. Der eilige Leser sei daher auf die Zusammenfassung unter der Überschrift „Fazit“ am Schluss dieser Ausarbeitung verwiesen.

Angesichts von Flut- und Waldbrandkatastrophen beherrscht das Klimaproblem zu Recht die Schlagzeilen. Wegen der gewaltigen Summen, die für die Absenkung der weltweiten CO2-Emissionen investiert werden müssen, ist dieses Thema auch für die künftigen Erträge an den Kapitalmärkten hochgradig relevant.

Dabei werden wir allerdings nicht nur die unbestreitbare Notwendigkeit der Eindämmung des weltweiten Temperaturanstiegs aufzeigen. Dieses Jahrhundertprojekt kann nur erfolgreich werden, wenn man die Kosten in die Überlegungen einbezieht. Entscheidend für den Aufbau einer nachhaltigen Weltwirtschaft wird nämlich sein, dass möglichst viele Menschen in möglichst vielen Ländern auch langfristig bereit sein werden, die Umbaukosten mitzutragen. Damit hat die Politik eine entscheidende Aufgabe zu lösen. Sie muss den Umbau so gestalten, dass die Geldmittel effizient eingesetzt werden.

Die finanziellen Ressourcen der meisten Staaten sind nämlich angesichts hoher Staatsschulden und schwacher Wachstumsaussichten schon jetzt begrenzt. Reduktion der CO2-Emissionen um jeden Preis würde bald Einschnitte im Sozialsystem erzwingen oder – wenn man die Klimakosten von den Zentralbanken bezahlen lässt - zu deutlich steigenden Inflationsraten (siehe dazu ausführlich den Kapitalmarktausblick vom Juni 2020, den Sie hier finden).

Beides würde Politiker auf den Plan rufen, die mit der Forderung nach weniger Klimaschutz auf wachsende Zustimmung stoßen dürften; Donald Trump war ja schon 2016 mit dem Leugnen des Klimaproblems leider erfolgreich.

Wir werden folgende Teilaspekte des Gesamtthemas untersuchen:

  • Definition einer sinnvollen Zielsetzung für den Aufbau einer nachhaltigen Weltwirtschaft unter Berücksichtigung der Kosten
  • Darstellung der Folgen der Erderwärmung und deren Kosten
  • Beschreibung von Kosten und Nutzen klimapolitischer Maßnahmen

1. Sinnvolle Zielsetzung für den Aufbau einer nachhaltigen Weltwirtschaft

Ein nicht nachhaltiges Ziel ist die maximale Reduktion der CO2-Emssionen, insbesondere nicht, wenn es sich isoliert nur auf einzelne Länder bezieht. Die nachfolgenden Abbildungen 1a-c aus einer Modellrechnung zeigen, dass ein isolierter sofortiger Stopp aller CO2-Emissionen (linke Abbildung 1a) in den reichen Industrieländern (OECD-Länder, rechte Abbildung 1c; Stand Juli 2021) die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 um weniger als 0,5 °C eindämmen würde (mittlere Abbildung 1b).

Eine derart brachiale Maßnahme wäre technisch nicht möglich, finanziell ruinös und wird auch von niemandem gefordert, zeigt aber dennoch zwei Dimensionen des Problems, nämlich dass viel Geduld erforderlich ist und nationale Alleingänge keinen nennenswerten Effekt haben werden. Wird die CO2-Emission in allen entwickelten Ländern erst bis zum Jahr 2050 allmählich auf Null reduziert, ist natürlich auch der Effekt auf die Eindämmung der Erderwärmung noch niedriger. Ohne Schwellenländer wird der Aufbau einer nachhaltigen Weltwirtschaft also kaum gelingen können, und daran hapert es noch. China hat allein im Jahr 2020 neue Kohlekraftwerke mit 38 Gigawatt in Betrieb genommen; das entspricht der Leistung von 24 deutschen Kernkraftwerken (Capital 07/2021, S. 36). Vor 50 Jahren hat ein Chinese weniger elektrische Energie verbraucht als der ärmste Afrikaner heute. Seitdem haben die Chinesen ihr reales Einkommen pro Kopf um das 72-fache gesteigert – vermutlich ein historischer Weltrekord -, allerdings ist China heute der größte CO2-Emittent der Erde. Die meisten armen Staaten möchten den Chinesen nacheifern und ziehen eine stabile und kostengünstige Stromversorgung den erneuerbaren Energiequellen vor (Lomborg 2020, S. 105-107).

Die folgende Abbildung 2 zeigt, welche Reduzierungen der CO2-Emssionen in den einzelnen Wirtschaftsbereichen weltweit notwendig wären, um bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen.

Ein Beispiel aus dieser Studie verdeutlicht die Herausforderungen. Das zur Zeit größte Solarkraftwerk der Welt (Bhadla Solar Park) steht im sonnenreichen Indien und produziert auf einer Fläche von 5.700 Hektar oder 57 km² 2,25 Gigawatt Energie, etwa so viel wie 1,5 deutsche Kernkraftwerke. Bis 2030 müsste täglich ein weiteres Solarkraftwerk dieser Größe gebaut werden. Das ist technisch und finanziell unter großen Anstrengungen möglich, aber eben nur ein kleiner Baustein. Danach müssten weltweit jährlich 5.000 Mrd. $, in Europa 1.000 Mrd.€  in die Energiegewinnung investiert werden. Zum Vergleich: Der Corona-Hilfsfonds der EU beträgt einmalig 750 Mrd. €. Es könnte politisch helfen, dass nach Schätzungen von McKinsey durch diese Investitionen weltweit viele Millionen neue Arbeitsplätze entstehen dürften  (Quelle: Capital 07/2021, S. 32).

Eine Studie des Handelsblatts (handelsblatt.com vom 16.4.2021, siehe auch unseren Kapitalmarktausblick vom Mai 2021, den Sie hier finden), beschreibt, dass man allein für die Umstellung des Duisburger Stahlwerks von Thyssen-Krupp auf Wasserstoff als Energiequelle zu den 30.000 Windrädern in Deutschland weitere 12.000 hinzubauen müsste. Zur Herstellung der Klimaneutralität der deutschen Chemieindustrie (inklusive Zulieferer und Rohstofflieferanten) würde der Strombedarf von 50 auf 600 Terawattstunden steigen. Der Bedarf für eine einzige Branche würde damit die gesamte derzeitige Stromproduktion Deutschlands, egal aus welcher regenerativen Quelle, übertreffen (Quelle: Wirtschaftswoche vom 23.7.2021, S. 29).

An dieser Stelle wenden wir uns schon einmal kurz dem politischen Problem speziell in Deutschland zu. Die nachfolgende Abbildung 3 zeigt den Aufbau der Windenergie in Deutschland, der seit einigen Jahren stark rückläufig ist. Gleichzeitig leistet man sich den Sonderweg, auf Kernkraftwerke für die Zeiträume zu verzichten, in denen Sonne und Wind keine Energie liefern. Diese muss Deutschland dann aus Polen (Kohlestrom) oder Frankreich (Atomstrom) importieren oder durch teures Hochfahren der heimischen Kohlekraftwerke selbst produzieren. Das ist nicht nur teuer (siehe Abbildung 4), sondern hilft auch dem Klima nur wenig. Die deutsche Regierung, die 2009 die Laufzeit der bestehenden Kernkraftwerke verlängerte, weil diese eine ideale Ergänzung für die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien ist, handelte wider besseres Wissen populistisch, als sie 2011 wegen des Unfalls in Fukushima den zügigen Ausstieg aus der Atomenergie beschloss. Der langfristig größte Schaden könnte jedoch dadurch entstehen, dass Industriebetriebe, die auf eine stabile Stromversorgung angewiesen sind, das Land verlassen werden. Solange die Politik in Deutschland weder willens noch in der Lage ist, die Erderwärmung effizient zu bekämpfen und Genehmigungsverfahren zu entbürokratisieren (siehe nächster Absatz), wird die Energiewende vielleicht in China, aber wohl nicht in Deutschland gelingen. Das Erfolgsrezept der Merkel-Ära, die Wähler permanent zu beruhigen und niemandem Unannehmlichkeiten zuzumuten, stößt bei der größten Zukunftsaufgabe unserer Zeit massiv an ihre Grenzen (siehe Abbildung 3).

In der Wirtschaftswoche vom 23.7.2021 wird auf Seite 18 an einem Beispiel beschrieben, womit der Ausbau der Windenergie in Deutschland neben dem Widerstand von Anwohnern am meisten zu kämpfen hat, nämlich der deutschen Bürokratie. Im 2000-Meter-Sichtumfeld eines geplanten Windparks hatte sich ein besonders schützenswerter Schwarzstorch angesiedelt, so dass eine Analyse der Flugbahnen behördlich eingefordert wurde. Im folgenden Jahr war der Storch nicht mehr da, so dass die Flugbahn während der Balzzeit nicht analysiert und daher der Windpark nicht genehmigt werden konnte. Der Storch könnte ja zurückkommen. Eine Ausnahmegenehmigung des Umweltministeriums löste schließlich dieses erste Problem. Dann ging es um die möglichen kombinierten Lärmemissionen des Windparks und einer seit Jahren nicht mehr betriebenen Biogasanlage eines benachbarten Bauern. Des Weiteren verlangte die Behörde danach eine Analyse der Lärmbelastung in einem seit Jahren leerstehenden baufälligen Haus im Besitz des Windparkbetreibers, in dem theoretisch sich jemand einnisten könne. Später kamen der Behörde Bedenken wegen einer während des Genehmigungsprozesses in 4,5 Kilometer Entfernung errichteten Erdbebenmessstation. Diese sollte auf Kosten des Windparkbetreibers umgesetzt werden. Das wirklich Erstaunliche an dieser seit 2011 betriebenen und 10 Jahre später bisher gescheiterten Planung für 17 Windräder war, dass es keine nennenswerten Bürgerproteste gegeben habe. Die Folge dieser absurden unkoordinierten Genehmigungspraxis sind neben der enormen Zeitverschwendung und dem nicht ausreichenden Ausbau der Windenergie besonders hohe Stromkosten in Deutschland (siehe Abbildung 4).

Deutschland hat schon bei der „Energiewende“ im Jahr 2011 (Abschaltung der deutschen Kernkraftwerke wegen des Atomunfalls in Fukushima) gezeigt, dass man solche Projekte völlig strategiefrei bearbeitet. Schon vorher waren die Versuche zur Reduzierung der CO2-Emissionen von 2000 bis 2010 eher mäßig erfolgreich; in dieser Zeit sank der Anteil fossiler Energieträger hierzulande von 84% auf 80% des gesamten Energieverbrauchs. Mit dem Beginn der „Energiewende“ wurde es nicht besser. Bis 2019 sank dieser Wert nur um einen enttäuschenden weiteren Prozentpunkt auf 79% (Lomborg 2020, S. 108), weil man die (CO2-freie) Kernenergie u.a. durch polnischen Kohlestrom ersetzen musste. Noch 10 Jahre nach dem Beginn der „Energiewende“ hat die Politik nicht für ein stromtrassenfreundliches Einspruchs- und Genehmigungsverfahren für den Transport des Stromes aus dem windreichen Norddeutschland in den industriereichen Süden gesorgt, jetzt wird mit einer Fertigstellung im Jahr 2026 gerechnet. Der Grund dafür ist nur zum kleineren Teil handwerkliche Unfähigkeit. Entscheidend ist der alles überragende Wunsch, weder dem einzelnen Schwarzstorch noch dem einzelnen Wähler, der in der Nachbarschaft durch Windräder oder Stromtrassen inkommodiert werden könnte, Unbehagen zu bereiten. Je größer der Mindestabstand eines Windrades zur nächstgelegenen Siedlung ist, umso wahrscheinlicher kollidiert der geplante Bau jedoch mit dem Natur- und Artenschutz. Man wird einen Weg finden müssen, die unvermeidlichen Einschränkungen zwischen dem Wähler und dem (real existierenden) Schwarzstorch fair zu verteilen. Sollten alle diese Probleme gelöst sein, so bleibt die Tatsache, dass der Wind nicht immer bläst und die Sonne nicht immer scheint. Damit rund um die Uhr genug Strom zur Verfügung steht, müsste der Wind- und Sonnenstrom teilweise gelagert werden. Gegen die dafür ideal geeigneten Pumpspeicherkraftwerke wird aber selbstverständlich nachhaltig protestiert, und mit Batterien ist das Problem wohl zumindest mit heutigen Technologien nicht lösbar. In den USA reicht beispielsweise die gesamte Kapazität von Batterien für die Speicherung von Solarstrom für 14 Sekunden des durchschnittlichen Stromverbrauchs (Lomborg 2020, S. 104).

Zusammengefasst ist die Herbeiführung der weltweiten Klimaneutralität, wie im Pariser Abkommen vereinbart, technisch möglich, finanziell aber nur, wenn eine sehr große Zahl von Staaten dieses Ziel verfolgt und die Politik den Mut findet, die notwendigen Änderungen der Rahmenbedingungen zu schaffen. Selbst dann erscheinen die Kosten jedoch dermaßen hoch, dass es wenig wahrscheinlich ist, dass die Mehrheit der Wähler diese Kosten dauerhaft zu tragen bereit sind. Das unparteiische Energy Modeling Forum der angesehenen US-Universität Stanford führt über 30 Studien zu den Kosten der beabsichtigen Klimapolitik zusammen. Durch die Umstellung auf emissionsfreie Energiequellen steigen die Energiekosten aufgrund der Verteuerung der fossilen Energieträger durch CO2-Steuern (der effizienteste Weg). Dementsprechend bleibt weniger Geld für Konsum und Investitionen übrig. Daher sinkt das künftige Volkseinkommen dauerhaft. Dieses Absinken wird als Kostenbetrag ermittelt, der weltweit auf 924 Mrd. $ im Jahr 2030 geschätzt wird; das entspricht ca. 1% des aktuellen weltweiten Volkseinkommens. Da die Politik nicht nur in Deutschland garantiert nicht den effizientesten Weg wählen wird, sondern gern wählerwirksame Tatkraft durch Mikromanagement beweisen möchte (Subvention von Elektroautos, Abstandsregeln für Windräder, etc.), zeigen entsprechende Studien, dass die Kosten tatsächlich mindestens doppelt so hoch sein werden (Lomborg 2020, S.114-116, mit weiterführenden Quellenangaben auf S. 237). Dies entspricht den gesamten weltweiten Militärausgaben. Da aber die Versprechungen des Pariser Abkommens lediglich für eine Reduzierung der Temperatur im Jahr 2100 um 0,03°Celsius ausreichen (Lomborg 2020, S. 117), wären die Kosten für das Eindämmen der Erderwärmung auf maximal 2°Celsius um ein Vielfaches höher. Das zeigt ein kleines Beispiel aus Neuseeland, dessen Premierministerin Helen Clark im Jahr 2007 die CO2-Neutralität des Landes bis 2020 versprochen hatte. Tatsächlich liegen die Emissionen des Landes aktuell aber höher als 2007. 2020 versprach die jetzige Premierministerin des Landes, Jacinda Ardern, erneut die CO2-Neutralität, diesmal bis 2050. Das führende neuseeländische Wirtschaftsforschungsinstitut hat die jährlichen Kosten ab 2050 für die Erreichung des halben Ziels (50% der aktuellen CO²-Emissionen) auf 19 Mrd.US-$ geschätzt, was den gesamten Bildungs- und Gesundheitsausgaben des kleinen Landes entspricht. Für die Reduzierung der Emissionen auf 0 würden die zusätzlichen Kosten den Ausgaben für das Sozialsystem, die Verteidigung, Polizei und Justiz sowie sämtliche übrigen Staatsausgaben entsprechen – und wären vollständig verschwendet, wenn der Rest der Welt nicht angemessen mitzieht (Quelle: Lomborg 2020, S. 121 – 122).

Die ausschließliche Fixierung der Klimapolitik auf die Eliminierung der CO2-Emissionen wird höchstwahrscheinlich an den gewaltigen Kosten scheitern, auch in den zahlreichen Ländern, die besser regiert werden als Deutschland.

Eine angesichts der finanziellen und politischen Probleme weitaus realistischere Zielsetzung wäre die der ehemaligen norwegischen Regierungschefin Gro Harlem Brundtland. Sie definiert Nachhaltigkeit als

„…eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen"

(Quelle: Gro Harlem Brundtland, Vorsitzende der UN-Kommission für Umwelt und Entwicklung (Brundtland-Report 1987)).

Statt nur eine Größe – die CO2-Emissionen – zu betrachten, würde man mit den gegebenen knappen Mitteln wesentlich mehr erreichen, wenn man nicht nur die Ursache, sondern auch die Folgen der Erderwärmung bekämpft und damit die finanziellen Spielräume für eine nachhaltige Klimapolitik behält, wie nachfolgend gezeigt wird.

2. Darstellung der Folgen der Erderwärmung und deren Kosten

Zunächst sei nochmals betont, dass die Erderwärmung zweifellos stattfindet und hauptsächlich oder vollständig vom Menschen verursacht wurde. Weniger eindeutig ist jedoch der geeignete Maßnahmenkatalog zur Eindämmung der Folgen dieses großen Problems. Der optimale Mix kann nur gefunden werden, wenn die Risiken der Erderwärmung seriös ermittelt werden und man dann dem Nutzen einzelner Klimaschutzaktivitäten auch die Kosten gegenüberstellt, um den Weg wählen zu können, der sich langfristig durchhalten lässt. Wie im vorigen Kapital gezeigt wurde, ist die alleinige Fokussierung auf die möglichst starke Reduktion der CO2 – Emissionen nicht erfolgversprechend.

Eine der wichtigsten Ursachen für die aktuell stark steigenden Investitionen in den Klimaschutz ist ein Bericht der Klimawissenschaftler der UNO von 2018. Darüber berichteten die Medien, die Wissenschaftler würden verlangen, die CO2 - Emissionen bis 2030 weltweit drastisch zu verringern, um den  Temperaturanstieg bis 2100 auf 1,5°Celsius zu beschränken. Tatsächlich hatten aber die wichtigsten Politiker 3 Jahre vorher auf der Pariser Klimakonferenz dieses Ziel festgelegt, um ihre klimapolitischen Ambitionen zu demonstrieren. Danach wurden die Wissenschaftler gefragt, was zur Erreichung dieses Ziel notwendig wäre. Die Antwort der Wissenschaft war, dass dieses Ziel schnelle, weitreichende und beispiellose Änderungen in allen Bestandteilen der Gesellschaft erforderlich macht, und nur das wurde von allen Medien weltweit verbreitet.  Der dänische Statistik-Professor Björn Lomborg – definitiv kein „Klimaleugner“ –, Autor des Buches „False Alarm“, erschienen 2020, veranschaulicht diesen Vorgang mit einer Frage an die NASA, was notwendig wäre, um die Menschheit auf den Mars umzusiedeln. Die NASA würde wohl antworten, dies sei technisch machbar, aber würde weitreichende Änderungen in allen Bereichen der Wirtschaft und extrem hohe Investitionen in die Weltraumtechnologie erfordern. Wenn die Medien dann genauso berichten würden wie oben, würde die Meldung lauten, die Weltraumexperten der NASA forderten, die Menschen müssten massive Einschnitte akzeptieren, um auf den Mars umsiedeln zu können (Lomborg 2020, S.24 bis 25). Aufgrund der ungenauen Berichterstattung  über die Entstehung des Klimaziels glauben heute viele Menschen, dass die Apokalypse droht, wenn der Temperaturanstieg nicht durch drastische Kürzungen der CO2-Emissionen bis 2030 eingegrenzt wird.

Wir untersuchen nun, ob die Folgen der absolut unstrittigen Erderwärmung tatsächlich so bedrohlich sind, dass deren direkte Bekämpfung um nahezu jeden Preis die einzig zulässige Antwort ist.

Dabei spielt die korrekte Darstellung der Fakten eine entscheidende Rolle. Die Schäden durch wetterbedingte Ereignisse wie die tragische Überflutung des Ahrtales steigen seit Jahrzehnten auf der ganzen Welt an. Allerdings wird üblicherweise vergessen, den Anteil dieser Schäden zu ermitteln, der auf den wachsenden Wohlstand der Menschen zurückzuführen ist. Wenn wir ein modernes Einfamilienhaus sowie den Hausrat des Jahres 2021 mit dem vergleichen, was 1973 üblich war – in diesem Jahr bauten meine Eltern ein einfachverglastes Haus mit 156 m² Wohnfläche und 1.000 m² Grundstück für 150.000 DM (=76.700,- €). Die Inflation hätte den Preis bis heute um das 2,9-fache auf 221.000,- € steigen lassen, aber die Einkommen haben seitdem nicht nur die Preissteigerungsrate ausgeglichen; und der Hausrat beschränkt sich nicht auf einen Ford 20m und Gelsenkirchener Barock im Wohnzimmer, sondern besteht eher aus 2 SUVs und schicken Designermöbeln, und das elektronische Equipment besteht nicht nur aus Farbfernseher, Grundig-Radio und Plattenspieler. Küchen gehobenen Standards kosteten damals nur einen Bruchteil der heute anzusetzenden 40.000,- €. Daher wachsen die realen Schäden auch ohne Erderwärmung mindestens um die allgemeine Einkommensentwicklung, also das reale Volkseinkommen, an. Wenn die Immobilienpreise sich von der allgemeinen Einkommensentwicklung wie zur Zeit abkoppeln, steigen die Schäden entsprechend stärker. Da die den steigenden Temperaturen geschuldeten Wetterextreme aber seit Jahrzehnten zunehmen, sollten die realen Schäden eigentlich stark ansteigen. Dagegen wirkt aber die menschliche Anpassungsfähigkeit. Bestes Beispiel hierfür ist Holland, dessen Landfläche überwiegend unterhalb des Meeresspiegels liegt. Immer weiter verbesserte Systeme zur gezielten Ableitung von Hochwasser der Flüsse und Deichbau haben die Zahlen der Todesopfer in Holland und an der gesamten Nordseeküste drastisch sinken lassen (Quelle: Wikipedia: Liste von Sturmfluten an der Nordsee. Zuletzt wurden im 18,. Jahrhundert noch über 10.000 Todesopfer verzeichnet, in den Jahrhunderten zuvor kam dies häufiger vor). Während der Flutkatastrophe an der Elbe im August 2002 wurden die möglicherweise Betroffenen zwar rechtzeitig gewarnt, aber ein Drittel davon wusste nicht, was nun zu tun war. Bei den Überschwemmungen 11 Jahre später war die Bevölkerung besser informiert; es gab deutlich weniger Todesopfer (Quelle: Wirtschaftswoche vom 23.7.2021, S. 29).

Immerhin hat die Politik das Problem der Unterstützung der Anpassungsfähigkeit erkannt und 2004 das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gegründet, das nun nach der Flutkatastrophe in Deutschland mit mehr Geld, Personal und Kompetenzen ausgestattet werden soll. Die Bedeutung der Anpassung an erhöhte klimabedingte Risiken ist sehr groß. Sie erklärt nämlich, warum die wetterbedingten Schäden, (lediglich angepasst an die Entwicklung des Volkseinkommens), wider Erwarten nicht ansteigen, sondern weltweit sogar leicht rückläufig sind. Dies zeigen die untenstehenden Abbildungen 5a-b, zunächst für Deutschland:

Die Schäden durch naturbedingte Ereignisse sind in Deutschland in seit 1973 real angestiegen, wie der Spiegel in seiner Ausgabe von 24.7.2021 berichtete (Abbildung links, 5a). Bereinigt um die Entwicklung des realen Volkseinkommens war der Trend jedoch rückläufig (Abbildung rechts 5b; diese Berechnung lieferte der Spiegel leider nicht, das hätte nicht zur Story gepasst. Daher hat FINVIA diese notwendige Anpassung vorgenommen). Erklärbar ist dies nur durch verbesserten Katastrophenschutz bzw. Anpassung. Für die USA liegen Daten für einen wesentlich längeren Zeitraum vor (Abbildung 6a unten links mit einem deutlichen Abwärtstrend seit 117 Jahren). Ein Ausschnitt dieser Daten aus den USA ab 1973 zum Vergleich mit den Daten aus Deutschland zeigt, dass der Trend der Schäden ähnlich verläuft (Abbildung 6b).

Daten der weltgrößten und mit den besten Datenbanken zum Thema Großschäden aller Art ausgestatteten Rückversicherung Munich Re (die den Versicherungen weltweit alle besonders großen Schäden teilweise bezahlt) bestätigen die Trends rückläufiger wetterbedingter Schäden in % des Volkseinkommens (siehe Abbildung 7)

Dies entspricht nicht dem vorherrschenden Narrativ der explodierenden Schäden durch die Erderwärmung, das unter anderem auch von der nachfolgend gezeigten Studie durch selektive Berichterstattung in den Medien befeuert wurde. Unter der Annahme, dass der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um knapp 1 Meter steigen wird (das Szenario der Studie ohne Reduzierung der CO2-Emissionen mit dem größten Anstieg), errechneten die Autoren, dass ohne zusätzliche Flutschutzmaßnahmen die Zahl der jährlichen Flutopfer (Personen, die ihren Wohnort verlassen müssen) von 3,4 Mio. im Jahr 2000 auf 187 Mio. ansteigen wird (rote Linie in der Abbildung 8). Diese katastrophale Zahl wurde von den Medien nachdrücklich verbreitet. Dass aber andernfalls, also mit künftig ständig verbesserten Flutschutzmaßnahmen (grüne Linie) wie schon in den letzten Jahrhunderten, im Jahr 2100 auch bei einem Anstieg des Meeresspiegels um 1 Meter nur noch 0,015 Mio. Flutopfer zu beklagen sein werden, wurde nirgends berichtet. Das hätte die Leser gelangweilt. Der alte Journalistengrundsatz, nur eine schlechte Nachricht sei eine gute Nachricht, hat offenbar die öffentliche Meinung und damit die weltweite Klimapolitik erheblich beeinflusst.

Der Bereich der Ernährung offenbart neben der Vernachlässigung der menschlichen Anpassungsfähigkeit und der selektiven und dadurch oft falschen Darstellung der Probleme in den Medien eine weitere Dimension, die auf die Klimapolitik einwirkt. In manchen Bereichen, z.B. beim Pflanzenwachstum, hat ein steigender CO2-Gehalt in der Atmosphäre sogar positive Auswirkungen. Allgemein wird unterstellt, dass eine fortschreitende Erderwärmung zu vermehrten Hungersnöten führt; immer wieder sieht man die bedrückenden Bilder von Tierskeletten auf ausgedörrten Böden. Dabei wird – bewusst oder unbewusst – erneut der Faktor Anpassungsfähigkeit missachtet. Die FAO (Food and Agriculture Organization) schätzt, dass die Getreideproduktion weltweit durch die Erderwärmung bis 2080 statt um 44% (ohne Klimawandel) um 41% steigen wird (Quelle: Lomborg 2020, S. 80). Die Anpassungsfähigkeit an geänderte klimatische Bedingungen besteht darin, dass beispielsweise ein Farmer, dessen Weizenernten schlechter werden, etwas anderes anbauen muss und wird. Außerdem wird der wachstumssteigernde Effekt von CO2 auf Pflanzen nicht beachtet. Studien, die die Anpassungsfähigkeit und den Wachstumseffekt von CO2 berücksichtigen, kommen zum Ergebnis, dass selbst unter ungünstigen Annahmen kein nennenswerter Ernteverlust zu erwarten ist (Lomborg, 2020, S. 81, weitere Quellenangaben ebd. S. 233 Fußnote 11). Im Vergleich zum Jahr 1500 war die Masse der weltweiten Vegetation am Temperaturtiefpunkt (1960er und 70er Jahre) um ca. 30%, im Jahre 2010 nur noch um ca. 26% niedriger als im Jahr 1500, also lange vor dem Beginn der Industrialisierung und der nachfolgenden Erderwärmung. Es wird geschätzt, dass aufgrund des wachsenden CO2-Anteils an der Atmosphäre im Jahre 2100 wieder das Niveau von 1500 erreicht wird (Quelle: Lomborg 2020, S.56), auch weil das Pflanzenwachstum in nördlichen Regionen (Russland, Kanada) sich wegen der Erwärmung beschleunigen wird.

Über solche beruhigenden Erkenntnisse gibt es aus dem bereits genannten Grund natürlich keine Fernsehsendungen, Schlagzeilen und Leitartikel.

3. Beschreibung von Kosten und Nutzen klimapolitischer Maßnahmen

Die EU wendet inzwischen jährlich 2% des Volkseinkommens (400 Mrd. $) für den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien auf, hat aber damit bisher lediglich eine Reduzierung des Einsatzes fossiler Energien von 79% (2000) auf 71% (2018) des gesamten Energieverbrauchs erreicht (Lomborg 2020, S 108). Die Stromkosten sind in der EU inzwischen doppelt so hoch wie in den USA, werden sich aber bis 2030 weiter vervierfachen (Panos und Densing 2019, in: Lomborg 2020, S. 109 bzw. 237). Die bisherigen klimapolitischen Maßnahmen waren also sehr teuer, haben aber bisher wenig gebracht.

Zur effektivsten Maßnahme wird sich die Politik wohl nie durchringen können. Diese besteht in der weltweiten Erhebung einer einheitlichen CO2-Steuer, die das Problem an der Wurzel packen würde. Umweltverschmutzung ist ein klassischer Fall von Marktversagen. Wer mit – in Deutschland immer noch steuerbefreitem – Kerosin in den Urlaub fliegt, hat den Nutzen, einen (zu) billigen Urlaub, unabhängig davon, ob die Reise nach Malle oder auf die Malediven führt. Den Schaden trägt dagegen die Weltbevölkerung. Die deutschen Politiker haben ja bisher noch nicht einmal den Mut aufgebracht, Flugbenzin überhaupt zu besteuern, obwohl der Subventionsabbau für fossile Energiequellen eine der effektivsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Erderwärmung wäre (siehe unten).

Den Malediven-Urlaubern wäre eine Kerosinsteuer vermutlich egal, nicht aber den Malle-Urlaubern. Die Klimaschutzkosten etwa in Form einer CO2-Steuer belasten nämlich die „Reichen“ viel weniger als alle anderen, was für die Politik ein schwer zu überwindendes Hindernis auf dem Weg zu effektiver Klimapolitik ist. Ein weiteres Problem ist die seit der Finanzkrise von 2008 wachsende Überzeugung, dass der Staat alles regeln muss und kann.  In unserem Kapitalmarktausblick vom Oktober 2020 (den Sie hier finden) haben wir einige der tatkräftigsten staatlichen Maßnahmen zur Lenkung der Wirtschaft (die Herbeiführung der Doppelblase am japanischen Aktien- und Immobilienmarkt bis 1989, den staatlich initiierten Immobilienboom in Ostdeutschland von 1990 bis 1994, den staatlich unterstützten weltweiten Internetaktienboom bis zum Jahr 2000 und den ebenfalls mit staatlicher Hilfe entstandenen „Subprime“-Boom in den USA, Irland, Portugal, Spanien, …) dargestellt; alles brachte wenig nachhaltigen Nutzen, aber gewaltige Schäden für Privatleute, Unternehmen und die Staaten selbst. Eine CO2-Steuer hätte den großen Vorteil, dass Privatleute und Unternehmen selbst entscheiden können, auf welche Weise sie CO2 mit möglichst geringem Aufwand einsparen wollen, um der Steuer zu entgehen. Sie können für sich Nutzen und Kosten jeder CO2 - Einsparung besser beurteilen als der Staat. Sind die Einsparungen insgesamt zu niedrig, wird die  CO2 - Steuer einfach erhöht.

Das ist den Politikern aber zu wenig „Action“. Sie wollen Tatkraft zeigen, und daher gibt es inzwischen 20.000 Bauvorschriften für Wohnhäuser (1990: 5.000), z.B. dreifachverglaste Fenster, die aber zu dicht sind, so dass auch ein Schlitz für Luftzufuhr eingebaut werden muss. Die Subventionierung von Elektroautos, in Berlin sogar von Elektro-Lastfahrrädern, Abstandsregeln für Windräder und vieles mehr sind ebenfalls Beispiele dafür, wie der effiziente und kostenseitig tragbare Weg zur Klimaneutralität nicht aussieht.

Die alleinige Konzentration auf CO2-Reduzierung ist selbst dann nicht optimal, wenn alle Regierungen das effizienteste Instrument dafür einsetzen (die weltweit einheitliche CO2 – Steuer), wie die folgende Abbildungen 10a-b zeigen:

Hier werden die langfristigen realen Kosten der Erderwärmung (rote Balken) gezeigt, die natürlich umso geringer sind, je geringer der künftige Temperaturanstieg ausfällt. Aber es werden auch die Kosten zur Erreichung der jeweiligen Begrenzung des Temperaturanstiegs geschätzt (orange Balken), und genau das muss ein Bestandteil seriöser Politik sein. Unternehmer machen keine aufwendigen Zukunftsprojekten, ohne neben dem erwarteten Nutzen auch die Kosten zu planen. Die Politik kann darauf offenbar souverän verzichten. Darin sehen wir auch den Hauptgrund, warum große staatliche Projekte häufig ein sehr schlechtes Kosten/Nutzen -Verhältnis haben. Der Wirtschafts-Nobelpreisträger von 2018, William Nordhaus, hat es so formuliert:

„Eine Begrenzung (der Erderwärmung) auf 2°Celsius ist mit halbwegs verfügbaren Technologien selbst mit sehr ambitionierten Verzichtsstrategien nicht machbar“

(Nordhaus, 2018, S. 334, siehe auch Lomborg 2020, S.241, Fußnote 10).

Die unteren beiden Balkenpaare der Abbildung 10a zeigen zur Verdeutlichung dieser Aussage die Kostensteigerung bei einer Begrenzung der Erderwärmung um nur noch 0,1 °Celsius auf 2,2 °Celsius.

Das Optimum in der Abbildung 10a mit einer moderaten Beschränkung der Erderwärmung auf 3,8 °Celsius bis 2100 ist den ambitionierteren Klimazielen aus folgenden Gründen überlegen:

  • Die Abbildung 10b (rechts) zeigt, dass die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2100 auch in dem Szenario „Optimum“ durchaus stark abgesenkt werden; schon bald nach der nächsten Jahrhundertwende wird die Weltwirtschaft netto kein zusätzliches CO2 mehr emittieren
  • Die Kosten machen jedoch nur einen Bruchteil derjenigen Kosten aus, die das Erreichen des Klimaziels einer Erderwärmung von maximal 2°Celsius erfordern würde. Die ärmeren Länder und die ärmere Bevölkerung der reichen Länder wären höchstwahrscheinlich nicht bereit, diese gewaltigen Kosten zu stemmen. Damit ist dieses Politikziel im Gegensatz zum Szenario „Optimum“ langfristig nicht realistisch.
  • Die moderate und kostenmäßig tragbare Absenkung der Erderwärmung trägt auch der Tatsache Rechnung, dass die Menschheit mit den Folgen der kaum vermeidlichen Erderwärmung durchaus durch Anpassungsmaßnahmen zurechtkommen kann (siehe das Beispiel der Flutopfer ohne und mit menschlicher Anpassung)
  • Außerdem bleiben finanzielle Mittel frei, um die Grundlagenforschung für neue Technologien staatlicherseits zu fördern. Ein derart großes, die ganze Welt betreffendes Problem wie die Erderwärmung wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit die Entwicklung von zur Lösung beitragenden Technologien zur Folge haben. Die überraschend schnelle Entwicklung von Corona-Impfstoffen durch mehrere voneinander unabhängig arbeitende Unternehmen, die zum Teil konventionelle, zum Teil neue Technologien eingesetzt haben, ist ein ermutigendes Beispiel für diese Annahme.

Einige weitere Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigen vergleichbare überraschende Technologiesprünge.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war die Walfangindustrie sehr bedeutsam, weil Öl, gewonnen aus dem Tran der Pottwale, für den Betrieb von Öllampen gebraucht wurde. Gegen Ende der 1840er Jahre stiegen die Preise für Tranöl extrem an, weil Pottwale  fast bis zur Ausrottung gejagt worden waren. Dadurch wuchs die Nachfrage nach kostengünstigen Alternativen bei Beleuchtungs- und Schmiermitteln an (Wikipedia, Stichwort Edwin L. Drake). Professor Benjamin Silliman Jr. von der Yale University fand bei der Analyse von Erdöl 1855 diverse Möglichkeiten der Nutzung dieses bisher als Medizin (!) verkauften Rohstoffes, u.a. als Petroleum für die Beleuchtung. Um 1860 konnte sich die Familie meines Ururgroßvaters, eines armen Lehrers mit 11 Kindern, erstmals eine Petroleumlampe leisten. Zuvor – Walöllampen waren zu teuer gewesen – mussten alle Kinder Im Dämmerlicht einer Kerze abends ihre Hausaufgaben machen. Für meinen Urgroßvater,  damals 10 Jahre alt, war das helle Licht noch im hohen Alter das beeindruckendste Erlebnis seiner Kindheit.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts fürchteten die Einwohner des boomenden Londons, bei weiter steigendem Verkehr unter einer meterdicken Schicht Pferdemist zu ersticken. Dank einer sich schnell verbreitenden deutschen Erfindung, dem Automobil mit Verbrennungsmotor, konnten die Londoner diesem grausamen Schicksal entgehen.

Künftige klimarelevante Technologiebereiche, die staatlich stark gefördert werden sollten, sind beispielsweise:

  • Herausfiltern von CO2 aus der Luft und anschließende Endlagerung
  • Speichersysteme für überschüssige Wind- und Sonnenenergie
  • Geoengineering (Erzeugung von künstlichen (ungiftigen) Wolken zur besseren Reflektion des Sonnenlichts – nach dem Ausbruch des Vulkans Pinatubo 1991 sank die Temperatur weltweit in den folgenden 18 Monaten um 0,6 °Celsius (Lomborg 2020, S.195 bis 201)

Ferner sollten sich Politiker um einen steigenden Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten bemühen, damit die Kosten des Klimaschutzes allgemein dauerhaft akzeptiert werden. Dieses Thema hat speziell die deutsche Regierung seit langem völlig vernachlässigt (siehe Kapitalmarktbericht vom Juli 2021, den Sie hier finden). Aus dem gleichen Grund ist die Förderung des Wohlstandes der ärmeren Länder wichtig, denn der Aufbau einer nachhaltigen Weltwirtschaft kann nur gelingen, wenn (mindestens fast) alle mitmachen. Daher sollten Freihandelsabkommen, ein wesentlicher Bestandteil des beeindruckenden Aufstiegs von China, von allen nichtpopulistischen Parteien auch aus klimapolitischen Gründen unterstützt werden.

4. Fazit

Die Klimaforscher sind sich weitestgehend darin einig, dass bis zum Jahr 2100 mit einer Erwärmung der Erde um ca. 4 °Celsius aufgrund des wachsenden CO2-Anteils an der Luft zu rechnen ist. Die direkten Folgen dieser Erwärmung wären

  • ein Anstieg des Meeresspiegels um ca. 1 Meter
  • ein Anstieg der weltweiten Zahl der Menschen, die wegen Überflutung ihren Wohnort verlassen müssen, von aktuell 3,4 Mio. auf geschätzt 187 Mio., wenn keine weiteren Maßnahmen gegen Überflutung wie Deichbau oder bessere Warnsysteme durchgeführt werden
  • wachsende Dürreprobleme in Teilen der Welt, allerdings auch verbesserte Erntemöglichkeiten in riesigen, heute noch zu kühlen Regionen wie Kanada oder Russland; insgesamt wird der weltweite weitere Anstieg der Nahrungsmittelproduktion durch den Klimawandel nicht sehr stark beeinträchtigt (Schätzungen der FAO)
  • zunehmende Schäden durch Sturm, Feuer (Waldbrände) und hitzebedingte gesundheitliche Beeinträchtigungen und Todesfälle

Da diese Themen in den Medien intensiv dargestellt werden und für die meisten Menschen auch unmittelbar einleuchtend sind, konzentrieren sich die Politiker auf die direkte Bekämpfung der Ursache, nämlich der Emission von CO2.

Dabei werden einige Aspekte nur unzureichend oder überhaupt nicht beachtet oder kommuniziert.

  • Selbst wenn alle reichen Länder (OECD-Länder) unter Inkaufnahme riesiger Kosten und wirtschaftlicher Probleme ihre CO2-Emissionen sofort auf Null reduzieren würden, ließe sich der weltweite Temperaturanstieg bis 2100 nur um ca. 0,5 °Celsius auf 3,6 ° Celsius reduzieren; die obengenannten Schäden wären also nur moderat geringer.
  • Die Politik muss die Schäden der Erderwärmung sachlich darstellen – beispielsweise wäre die geschätzte Zahl der Flutopfer auch bei ungehemmter Erwärmung der Erde um 4 °Celsius im Jahr 2100 nicht bei 187 Mio., sondern nur noch bei 0,015 Mio. Menschen, wenn man die seit Jahrhunderten gegebene Fähigkeit der Menschen mit einkalkuliert, sich durch Deichbau und geeignete Warnsysteme an geänderte Umweltbedingungen anzupassen. Beide Zahlen entstammen derselben Studie, kommuniziert wurde nur die erste. Die wetterbedingten Schäden nehmen weltweit aufgrund der Anpassungsfähigkeit seit Jahrzehnten weniger stark zu als das Volkseinkommen, was ebenfalls nicht bekannt gemacht wird.
  • Wichtigste Voraussetzung für eine dauerhaft erfolgreiche Eindämmung der CO2-Emissionen wäre
  1. die Kosten des Umbaus der Weltwirtschaft hin zu einer CO2-neutralen Wirtschaftsweise nicht durch einseitige Fixierung auf Reduzierung der CO2-Emissionen so hoch werden zu lassen, dass sie von der ärmeren Bevölkerung der reichen Länder und von den ärmeren Ländern nicht getragen werden können. Dazu müssen
  2. die Politiker auf ineffizientes Mikromanagement (Abstandsregeln für Windräder, Subventionierung von Elektroautos, 20.000 Bauvorschriften für Wohnhäuser, …) vollständig verzichten und stattdessen eine hohe CO2-Steuer einführen, bei der dann Privatleute und Unternehmen selbst entscheiden können, auf welche Weise sie CO2 mit möglichst geringem Aufwand einsparen wollen, um der Steuer zu entgehen. Die dadurch entstehenden sozialen Probleme – hoher Benzinpreis trifft alle gleich – müssen an anderer Stelle ausgeglichen werden. Besonderes Problem dabei ist die Tatsache, dass eine optimale CO2-Steuer international gleich sein muss, weil sonst energieintensive Betriebe ins Ausland abwandern
  3. stärkere staatliche Förderung neuer klimarelevanter Technologien, die z. B. das Herausfiltern von CO2 aus der Luft und dessen Endlagerung zum Inhalt haben, Speichersysteme für Wind- und Sonnenenergie und Geoengineering (künstliche Wolken, damit mehr Sonnenlicht direkt ins Weltall zurückgeworfen wird)
  4. neben dem Nutzen und den Kosten der Absenkung der CO2-Emissionen auch Kosten und Nutzen von Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Temperaturanstieg (z.B. Deichbau, …) bestmöglich zu schätzen und zu einem optimalen klimapolitischen Gesamtpaket zusammenzubauen. Für die zu diesem Zweck entwickelten computergestützten Simulationsmodelle erhielt der US-Wirtschaftswissenschaftler William Nordhaus 2018 den Nobelpreis. Dessen Kommentar zum klimapolitischen Hauptziel lautet klar und deutlich: „Eine Begrenzung (der Erderwärmung) auf 2°Celsius ist mit halbwegs verfügbaren Technologien selbst mit sehr ambitiösen Verzichtsstrategien nicht machbar“.

Zur Zeit glauben wir nicht, dass die Politik diese notwendigen Weichenstellungen vornehmen wird.

Mikromanagement ist bei Politikern und leider auch Wählern beliebt. Verbote für Dieselautos oder einen Mietendeckel versteht der Wähler sofort, die Kosten und Nebenwirkungen überraschen ihn dann erst Jahre später. Die CO2 - Steuer dagegen würde nicht auf den Staat, sondern auf die ungeliebten Marktkräfte vertrauen. Außerdem  lösen Steuererhöhungen direkten Widerstand vor allem der ärmeren Bevölkerung aus. Außerdem müsste die Steuer international gleich hoch sein – politisch eine schwierige Aufgabe.

Die seriöse Darstellung von Kosten und Nutzen wird ebenfalls von der Politik nicht für sinnvoll gehalten. Dies zeigen hierzulande die zahlreichen teuren, ökonomisch sinnlosen und unsozialen Maßnahmen der letzten Jahre (Mütterrente, Facharbeiterrente, Mietendeckel, etc.).

Einen komplexen Maßnahmenmix zur Eindämmung der CO2-Emissionen wird man nicht kommunizieren wollen.

Daher gehen wir zur Zeit von erneuter massiver staatlicher Kapitalverschwendung ohne ausreichende Wirkung auf die Erderwärmung aus. Dabei wird das Kapital in erheblichem Umfang dadurch in die Wirtschaft gelenkt, dass die Regierungen Kreditgarantien für klimapolitisch relevante Investitionen bereitstellen. Die Garantien lösen eine hohe Bereitschaft der Banken aus, solche Kredite zu vergeben. Die dabei vom Bankensystem geschaffenen neuen Gelder gehen damit direkt in die Wirtschaft und erhöhen die Nachfrage nach schon heute knappen Arbeitskräften, Baumaterialien, etc. Die Inflationsrisiken nehmen damit im Laufe der nächsten Jahre weiter zu. Nach der Finanzkrise 2008 hatten nicht die finanziell angespannten Banken, sondern nur die Zentralbanken neues Geld geschaffen und den Banken gegeben, die damit aber lediglich die Preise für festverzinsliche Wertpapiere nach oben drückten. In der Realwirtschaft kam das Geld kaum an, daher hatte diese Gelddruckerei keine inflationären Folgen. Diesmal wird es anders sein, auch in einem anderen für den Anleger sehr wichtigen Punkt. Die letzte Inflationsphase der 70er Jahre konnte ab 1980 bekämpft werden, weil die Staatschulden niedrig waren.

Diesmal ist das Bekämpfen der Inflation aufgrund der enormen Staatsverschuldung unmöglich. Die Zinsen dürfen nicht steigen. Damit wird das Umfeld für Sachwerte Aktien, Beteiligungen, Immobilien, Gold) positiv bleiben.

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