Kapitalmarktausblick 01/2025
Die Attraktivität der Liquiden Anlageformen in den nächsten 10 Jahren
Executive Summary:
Bei der jüngsten Umfrage der renommierten US-Großbank Bank of America unter den großen internationalen Fondsmanagern hat sich herausgestellt, dass US-Aktien von den meisten (27%) als die attraktivste liquide Anlageklasse im Jahr 2025 angesehen wird und man unter den Aktienindizes den US-Informationstechnologie- (IT) Aktienindex NASDAQ 100 für den aussichtsreichsten hält (diese Meinung vertreten 29% der Fondsmanager). Sollte man diese Anlageformen übergewichten?
Der aktuelle Optimismus vieler Aktienfondsmanager und US-Aktienstrategen ist nachweislich kein zuverlässiger Hinweis auf künftig gute Erträge. Die hohe Bewertung insbesondere im IT-Sektor lässt längerfristig eher schwache Kursgewinne erwarten; andere Sektoren wie Gesundheit oder Basiskonsum sind dagegen bei hohen Ertragserwartungen auch unter Risikoaspekten zur signifikanten Beimischung in einem aktienorientierten Vermögen sehr geeignet, zumal diese Sektoren in einer durchaus bald möglichen Rezession besonders wenig gefährdet sind. Gleiches gilt auch für Gold. Staatsanleihen werden ihre risikosenkenden Eigenschaften zunehmend einbüßen, sind aber aktuell noch als kleinere Beimischung geeignet.
Zur Beantwortung dieser Frage muss man sich zunächst mit der Treffsicherheit von kurzfristigen Aktienmarktprognosen beschäftigen. In der obengenannten Befragung wurde auch die durchschnittliche Cash-Quote der Fondsmanager ermittelt. Diese liegt mit 3,9% auf dem niedrigsten Stand seit 15 Jahren und wurde auch davor nur selten unterschritten (Grafik 1). Sie drückt einen hohen Optimismus aus, denn nur wer wenig Cash im Fondsvermögen hält, kann von steigenden Kursen in hohem Maße profitieren. Allerdings erweist sich seit 2002, dass die Aktienkurse sich in den einer optimistischen Einstellung der Fondsmanager folgenden 12 Monaten nur unterdurchschnittlich entwickeln. Grafik 2 zeigt, dass in den Monaten mit einer Cash-Quote von unter 5% bei einem durchschnittlichen Kursgewinn von 5,5% 26 Fälle von zweistelligen Kursverlusten stattfanden. Nach Cash-Quoten von über 5%, die einen erhöhten Pessimismus anzeigen, gab es dagegen bei einem durchschnittlichen Kursgewinn von 11,8% nur einen einzigen Fall von zweistelligen Kursverlusten. Die aktuell gute Stimmung der Fondsmanager ist demzufolge eher ein Kontra-Indikator.
Dies dürfte auch auf die in der Einleitung genannte positive Einstellung der Profis zu IT-Aktien zutreffen.
Im Oktober 2022 erwartete Jamie Dimon, der Chef der renommierten US-Großbank JP Morgan, dass die amerikanische Wirtschaft im nächsten Jahr in eine Rezession abrutschen wird, die eine Panik auf den Kreditmärkten auslösen und einen Rückgang der US-Aktienkurse um weitere 20 Prozent auslösen würde (Quelle: www.finesw.ch vom 11.10.2022). Die Stimmung war allgemein sehr pessimistisch. Seitdem sind die Bruttogewinne der IT-Unternehmen mit +23% durchaus stärker gestiegen als die der anderen in Grafik 3 dargestellten Teilmärkte des Aktienmarktes. Die Aktienkurse der IT-Branche sind jedoch um 75% stärker gestiegen als deren Bruttogewinne (Grafik 4). Auch am gesamten US-Aktienmarkt, dessen moderates Gewinnwachstum kaum höher war als in Europa oder im Gesundheitssektor (Grafik 3), stiegen die Aktienkurse um 43% stärker als die Gewinne (Grafik 4). Entsprechend besteht der ganz überwiegende Teil der Kursgewinne von IT-Aktien, aber auch von US-Aktien insgesamt seit dem Herbst 2022 aus „heißer Luft“ (Grafik 5). Die Entstehung dieser Blase wurde allerdings weder von FINVIA noch von den anderen Marktteilnehmern erkannt. Für den US-Aktienmarkt können wir die Treffsicherheit der Anlagestrategen in den letzten 26 Jahren für 1-Jahres-Zeiträume gut beurteilen. In einer seit 1999 vom US-Finanzinformationsanbieter Bloomberg jeweils am Jahresende durchgeführten Umfrage unter den US-Aktienstrategen war der Pessimismus nie zuvor so ausgeprägt wie Ende 2022, als auch der angesehene Bankchef Jamie Dimon große Probleme erwartete. Zum ersten und bisher einzigen Mal erwarteten die Aktienstrategen einen leichten Rückgang des US-Aktienindex S&P 500 um 1,3% (Grafik 6); tatsächlich endete das Jahr 2023 mit einem Kursgewinn von 24,2% (Grafik 7). Kaum besser war die Prognoseleistung für das Jahr 2024. Man war noch immer angesichts der hohen Aktienbewertung mit einer Prognose von +2,4% sehr vorsichtig, lag damit aber erneut weit unter dem tatsächlichen Zuwachs von über 23%. Eine statistische Analyse der Prognosetreffsicherheit ergab, dass es zwischen den Prognosen und den tatsächlichen jährlichen Aktienkursänderungen überhaupt keinen Zusammenhang gibt (siehe dazu den Kapitalmarktausblick vom Dezember 2024, den Sie hier finden). Entsprechend sollte man den für 2025 durchschnittlich erwarteten Kursgewinnen von 7,5% am US-Aktienmarkt (Grafik 6, dunkler Balken ganz rechts) kein allzu großes Vertrauen entgegenbringen.
Die besonders positive Einstellung der Fondsmanager gegenüber US- und IT-Aktien basiert möglicherweise auf dem Blick in den Rückspiegel. In den letzten 30 Jahren haben nämlich IT-Aktien im Vergleich mit den anderen Sektoren des weltweiten Aktienmarktes sowie Gold und deutschen Staatsanleihen besonders gut abgeschnitten, wenngleich die jährliche Schwankung (Volatilität) in dieser Zeit extrem hoch ausfiel (Grafik 8). Im Vergleich mit anderen Regionen und Ländern war der US-Aktienmarkt am besten, auch weil die jährlichen Schwankungen nicht besonders hoch ausfielen (Grafik 9).
Wenn man allerdings nicht nur in den Rückspiegel, sondern gelegentlich auch durch die Windschutzscheibe nach vorn schaut, was zumindest beim Autofahren allgemein empfohlen wird, sieht das Bild etwas anders aus. Bei den Anlageklassen und Sektoren in der Grafik 8 liegen die Ertragserwartungen von FINVIA für die nächsten 10 Jahre bis 2035 (zwischen 3% p.a. für dt. Staatsanleihen und ca. 10% p.a. für Gold und Gesundheitsaktien, Grafik 10) etwas niedriger als die historischen Erträge, die ungefähr 2%-Punkte höher lagen. Allerdings kippt die Ertragserwartung für den IT-Sektor unter die Nulllinie; der Grund ist die nicht durch entsprechende Verbesserung der Fundamentaldaten gerechtfertigte Aufblähung der Aktienkurse (siehe Grafiken 3 bis 5). Die dahinter stehende Euphorie zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) hat vor wenigen Tagen einen ersten Dämpfer bekommen. Das chinesische Start-Up DeepSeek hat ein KI-Programm entwickelt, das in einer Reihe von Tests ebenso gut abgeschnitten hat wie das Flagschiff-Programm der bekannten KI-Firma OpenAI. DeepSeek hat allerdings aufgrund von Sanktionen der US-Regierung keinen Zugang zu den modernsten Nvidia-Chips und kam dennoch mit einem Aufwand für das Training des KI-Programms von nur 6 Mio. US-Dollar aus. Daher kann DeepSeek die Nutzung seines Programms für nur 3% des Preises anbieten, den OpenAI verlangt (Quelle: BCA, 27.1.2025). KI gibt es also auch außerhalb der USA und auch ohne superteure Nvidia-Chips. KI wird ein konkurrenzintensives Angebot sein; der Netzwerk-Effekt vieler ertragsstarker Internet-Geschäftsmodelle, der darin besteht, dass man ein Angebot nutzt, weil es auch andere nutzen (z.B. Microsoft, Facebook, …) existiert bei KI nicht. Daher ist die hohe Bewertung in diesem Sektor nicht gerechtfertigt.
Auch bei den Regionen und Ländern sind die für die Zukunft erwarteten Erträge etwas niedriger als bisher – für den US-Aktienmarkt allerdings weitaus tiefer (Grafik 11, siehe dazu auch weitere Details im Kapitalmarktausblick vom Dezember 2024, den Sie hier finden).
Für die Attraktivität einer Anlageklasse ist aber nicht nur die künftige Ertragserwartung relevant, sondern auch einige andere Eigenschaften. Grundsätzlich sind Anlagen mit geringer Volatilität den anderen vorzuziehen, wenn die Ertragserwartung nicht allzu niedrig ist. Daher sind die schwankungsarmen deutschen Staatsanleihen trotz besonders geringer Volatilität nicht sehr attraktiv (Grafik 10). Insgesamt eignet sich aber die Beimischung von einigen Sektoren sowie Gold und Bundesanleihen in einem überwiegend in Aktien und Beteiligungsfonds (Private Equity) angelegten Vermögen, da auch die Volatilität von Basis-Konsumgüteraktien, Stromversorgern und Gesundheitswerten niedriger ist als die der am wenigsten schwankungsanfälligen Region, nämlich dem europäischen Aktienmarkt (Grafik 11).
Auch die Qualität des Prognosemodells spielt für die Attraktivität einer Anlageklasse eine erhebliche Rolle. Dabei wird gemessen, ob das Verhältnis von Aktienkursgewinnen (in den folgenden 10 Jahren) zu den Bruttogewinnen, den Dividenden und den Buchwerten der Firmen eines Aktienmarktes in den letzten Jahrzehnten in einem stabilen Zusammenhang zu den künftigen Erträgen der folgenden 10 Jahre gestanden hat. Wie auch schon in den bisherigen Grafiken ist eine Anlageklasse umso attraktiver, je weiter links oben sie in der jeweiligen Grafik angesiedelt ist. Unter den Sektoren ist die Gesundheitsbranche der eindeutige Sieger bezüglich der Prognosegenauigkeit (Grafik 12). Diese kann auch zum Nachteil gereichen, wenn sie bei Anlageklassen mit niedrigen Ertragserwartungen (IT, USA, Grafik 12, 13) hoch ist.
Das nächste untersuchte Kriterium ist die Korrelation einer Anlageklasse zu einem gemischten liquiden Portfolio, bestehend aus 60% Aktien und 40% Gold und deutschen Staatsanleihen. Anlageformen mit einer niedrigen Korrelation – in den beiden folgenden Grafiken links angesiedelt – bewegen sich oft in eine andere Richtung als die anderen Anlageformen und wirken daher auf ein überwiegend mit Aktien bestücktes Portfolio besonders risikosenkend. Hier fallen neben Bundesanleihen und Gold auch Energie-, Basis-Konsumgüter- und Gesundheitsaktien positiv auf (Grafik 14). Dagegen ist die Beimischung von Ländern oder Regionen nur sehr eingeschränkt risikosenkend, da sich alle Aktienmärkte sehr häufig in die gleiche Richtung bewegen (Grafik 15).
Abschließend beleuchten wir die Anfälligkeit von Anlageformen bei Rezessionen in den USA. Dieser Eigenschaft messen wir zurzeit eine überdurchschnittliche Bedeutung bei, da die Rezessionsrisiken, die im Herbst 2022 überall als sehr hoch angesehen wurden, aktuell unterschätzt werden. Die Genies Donald Trump und Elon Musk werden in den USA eher Chaos als einen Boom auslösen, Europa steckt in Schwierigkeiten und auch in China bessert sich die Stimmung nicht (Chinas Einkaufsmanager-Indizes für Industrie und Dienstleistungen sind im Januar 2025 wieder gefallen, Quelle: Trading Economics, 27.1.2025). Die Leading Economic Indicators des US-Researchhauses The Conference Board sind jedenfalls in den drei großen Wirtschaftsregionen der Welt seit einigen Jahren und auch im Dezember 2024 stark rückläufig (Grafiken 16 bis 18).
Deutsche Staatsanleihen und Gold erleiden auch in US-Rezessionen keine nennenswerten Kursrückgänge und erweisen sich als die besten Risikosenker. Auch Gesundheits- und Basis-Konsumgüteraktien sind nur sehr wenig anfällig für Ertragsrückgänge aufgrund von konjunkturellen Schwierigkeiten (Grafik 16). Unter den Regionen weist die Schweiz die höchste Stabilität auf, aber dies reicht nur für eine knapp unterdurchschnittliche Konjunkturanfälligkeit aus (Grafik 17); die genannten Sektoren sind deutlich resilienter.
Insgesamt fallen Gold und unter den Sektoren Gesundheitsaktien sowie Basis-Konsumgüterwerte positiv auf. Diese haben überdurchschnittlich gute Prognose- und Qualitätseigenschaften (Volatilität, Korrelation und Konjunkturanfälligkeit), aber auch attraktive Ertragserwartungen (Grafik 21). Deutsche Staatsanleihen sind aufgrund ihres noch gegebenen stark risikosenkenden Charakters als Beimischung geeignet, aber nicht mehr als Daueranlage. Bei den Regionen gibt es keine klaren Favoriten (Grafik 22).
Nun stellt sich die Frage, wie stabil diese Eigenschaften sind. Bei den meisten Regionen, Ländern und Sektoren gibt es keine Gründe, eine nachhaltige Änderung der genannten Eigenschaften zu erwarten. Beispielsweise dürften die hohen Korrelationen der Regionen und Länder auch künftig existieren und Gesundheitswerte weiterhin in Rezessionen kaum Probleme bekommen, weil Gesundheitsleistungen in erheblichem Maße von Krankenkassen getragen werden und man generell in diesem Bereich bei sinkendem Einkommen wohl zuletzt sparen wird. Bei Staatsanleihen könnte jedoch in den nächsten Jahren eine Verschlechterung eintreten.
Der Grund dafür liegt in dem seit den 70er Jahren allmählich und seit 2005 deutlich sinkenden weltweiten Wirtschaftswachstum, insbesondere in den Industrieländern (Grafik 23), die seit 2005 leider gleichzeitig eine von 60% auf über 110% explodierte Staatsverschuldung hinnehmen mussten (Grafik 24). Insbesondere die Finanzkrise ab 2008, aber auch die Corona-Krise erforderten zu ihrer Bewältigung außergewöhnlich hohe finanzielle Unterstützungen der Regierungen. Da die Wachstumsbedingungen wegen schwacher Demografie und Produktivitätsentwicklung international nicht besser werden (zu den langfristigen negativen Trends der Bevölkerungsentwicklung und der Produktivität pro Arbeitskraft siehe den Kapitalmarktausblick vom November 2023, den Sie hier finden), sind die zusätzlichen Belastungen aufgrund der neuen geopolitischen Konflikte für Regierungen, deren Steuereinnahmen kaum noch wachsen, ein enormes Problem. Der erste deutliche Zweifel an der Bonität eines besonders wichtigen Staates, nämlich den USA, wurde im Februar 2022 direkt nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine sichtbar. Bis dahin war viele Jahre lang der Goldpreis nur gestiegen, wenn die Rendite von inflationsgeschützten US-Staatsanleihen gefallen war (blaue Linie in Grafik 25 – invers gezeigt (rechte Skala) – steigt), also von 2007 bis November 2012 und von Dezember 2018 bis August 2020. Ab Februar 2022 stieg dann die Rendite der inflationsgeschützten US-Anleihen von -0,72% massiv auf +2,51% im Oktober 2023, ohne dass der Goldpreis darunter gelitten hatte. Danach blieb die Rendite unter kleineren Schwankungen bei über 2%, aber der Goldpreis stieg seitdem stark an. Eine inflationsgeschützte US-Staatsanleihe mit einem jährlichen Zins von 2% und vollständigem staatsgarantierten Inflationsschutz ist eine starke Konkurrenz für die Goldbarren, die keinen Zins bringen und nur langfristig bei hohen relativen Schwankungen ungefähr dem US- Konsumentenpreisindex folgen.
Dennoch bevorzugen seit 2022 viele Anleger den zinslosen Goldbarren, der nicht pleitegehen und nicht weginflationiert werden kann (die beginnenden Bonitätsprobleme hochverschuldeter Länder zeigt Grafik 26). Hier haben wir also einen ersten Bruch einer Korrelation, der mit der schrumpfenden Bonität eines der besten Schuldner der Welt (USA) zusammenhängt.
Auch wenn die Zinsen von Staatsanleihen aus anderen Gründen als der schwindenden Bonität der Staaten steigen bzw. die Kurse fallen sollten, werden sie ihre Eigenschaft als starker Risikosenker allmählich verlieren. Die Grafiken 27 und 28 zeigen die Korrelation von Aktienkursen und Zinsen für 10-jährige Staatsanleihen in den USA und in Deutschland. In den grün gefärbten Abschnitten waren die Korrelationen positiv. Das bedeutet, dass Zinsen und Aktienkurse gleichzeitig gestiegen oder gefallen waren. Da fallende Zinsen steigende Kurse von Staatsanleihen bewirken, senken diese das Risiko eines aus Aktien und Anleihen bestehenden Portfolios deutlich ab, denn in Zeiten fallender Aktienkurse liefern Staatsanleihen bei einer positiven Korrelation neben den Zinsen auch Kursgewinne. Bei negativer Korrelation fallen Aktien und Staatsanleihen gleichzeitig; die Risikosenkung durch Beimischung von Staatsanleihen wird kleiner. Dies ist in Deutschland (Grafik 28) seit 2022 wieder der Fall (ebenso in Europa insgesamt), in den USA schon seit der Finanzkrise (Grafik 27). Nach der Pleite des damals mit einer Bilanzsumme von über 100 Mrd. US-Dollar sehr großen Hedgefonds LTCM im Herbst 1998 musste die US-Zentralbank mit mehreren Zinssenkungen bei der Abwicklung des Fonds helfen. Seitdem war jedoch das grundlegende Vertrauen in langfristig wachsende Unternehmensgewinne angeschlagen; man interpretierte sinkende Zinsen als Anzeichen dafür, dass manche Investoren aus Sicherheitsgründen in die Anleihen der 1998 noch relativ gering verschuldeten Staaten (Grafik 24: Beispiel USA) flüchteten und war nicht bereit, auf die belebende Wirkung sinkender Zinsen zu warten. Als die US-Zentralbank nach der Lehman-Pleite im September 2008 schnell und massiv in Zusammenarbeit mit der US-Regierung große Beträge zur Stabilisierung des Bankensystems in den USA zur Verfügung stellte, kehrte das Vertrauen bald wieder zurück. Sinkende Zinsen wurden wieder als Frühindikator für eine baldige Belebung der Konjunktur gesehen und trieben die Aktienkurse wieder an, wie es vor 1998 jahrzehntelang der Fall gewesen war. In der Eurozone dauerte die Wiederherstellung des Vertrauens wesentlich länger, da die Europäische Zentralbank unter dem Einfluss der Deutschen Bundesbank auf vergleichbar massive Hilfen wie in den USA, z.B. Gelddrucken, verzichtete und erst in der Eurokrise ab 2011 ähnliche Maßnahmen einsetzte. Mit dem überall schnellen und konsequenten Eingreifen der Zentralbanken und Regierungen während der Corona-Krise ab 2020 wurde dann auch in der Eurozone das Vertrauen wieder hergestellt, so dass wieder die eigentlich normale negative Korrelation entstand. In künftigen Krisen darf man überall mit einem erneuten Einschreiten der Zentralbanken rechnen; in den USA wird dies vielleicht sogar erzwungen. Trump sagte dazu: „Wenn ich anderer Meinung (bezüglich der Zinsen) bin, werde ich das kundtun“, sagte der Präsident. Auf die Frage, ob (der Präsident der US-Zentralbank) Powell auf ihn hören würde, antwortete Trump nur: „Ja“. Powell sagte zur gleichen Frage nur: „Nein“. Auf die Nachfrage, ob Trump die Macht habe, ihn zu entlassen oder zu degradieren, antwortete Powell fast ebenso kurz: „Gesetzlich nicht erlaubt.“ (Quelle: Business Insider, 28.1.2025).
Die Festlegung der Zinsen durch Politiker birgt allerdings enorme Gefahren für die Stabilität des Geldwertes.
Fazit
Wir haben gute Gründe, die aktuelle Euphorie bezüglich der IT-Branche nicht zu teilen. Generell folgen auf eine optimistische Stimmung von Aktienfondsmanagern, erkennbar an niedrigen Cash-Quoten in deren Fonds, unterdurchschnittliche Erträge in den nächsten 12 Monaten. Auch die 12-Monats-Prognosen zum US-Aktienmarkt waren insgesamt seit 26 Jahren nicht verlässlich. Aktuell wird neben der zu hohen Bewertung von IT-Aktien die schwache Entwicklung der wirtschaftlichen Frühindikatoren übersehen. Man sollte daher einem Portfolio, das überwiegend unternehmerisch, also in Aktien und Private Equity angelegt ist, zurzeit deutliche Anteile an risikoärmeren und wenig konjunkturanfälligen Anlageformen wie Staatsanleihen, Gold, Gesundheitsaktien oder Basis-Konsumgüterwerte beimischen. Die risikosenkende Eigenschaft von Staatsanleihen muss aber genau beobachtet werden.
Konsequenzen für das Portfolio
- Aktien: In unserem Strategieportfolio bleiben wir bei Aktien untergewichtet, favorisieren Sektoren wie Gesundheit und Basiskonsumgüter, von denen wir höhere Erträge erwarten. Diese Sektoren zeichnen sich zusätzlich durch ihre defensive Natur aus, die sie weniger anfällig für konjunkturelle Rückschläge macht.
- Anleihen: Auch Anleihen bleiben untergewichtet. Insbesondere bei deutschen Staatsanleihen prognostizieren wir keinen realen Gewinn nach Zinsen und Steuern, sollte unsere Erwartung eintreten, dass die Inflation in den kommenden Jahren das Ziel von 2% übersteigt.
- Gold: Gold behält einen signifikanten Anteil in unserem Portfolio. Die Gründe hierfür sind die weiterhin hohen Renditeerwartungen, seine risikosenkenden Eigenschaften im Portfoliozusammenhang sowie seine Inflationsresistenz, da Gold nicht beliebig vermehrbar ist und somit seinen realen Wert gut bewahrt.
- Liquidität: Wir gewichten Staatsanleihen mit kurzer Restlaufzeit derzeit über. Aufgrund der flachen Zinsstrukturkurve sind hier kurzfristig keine Renditeeinbußen im Vergleich zu langfristigen Staatsanleihen zu erwarten. Gleichzeitig erhöhen wir den Handlungsspielraum bei Marktvolatilitäten.
- Private Equity: Private Equity Fonds bleiben eine attraktive Investitionsoption. Von Fonds, die in Phasen schwächelnder Aktienmärkte aufgelegt werden, erwarten wir weiterhin hohe Renditeaufschläge.
Abschließend unsere Kernaussagen aus dem Kapitalmarktausblick vom Januar 2022, den Sie hier finden:
Vor 3 Jahren untersuchten wir die Auswirkungen der Corona-Krise und stellten fest, dass ein weiteres Ansteigen der Inflationsraten zu erwarten ist, was dann im Verlauf des Jahres 2022 auch eintrat. Auch unsere Erwartung, dass die Zinsen aufgrund der weltweit hohen Staatsverschuldung dem Inflationsanstieg nur teilweise folgen könnten, erwies sich als korrekt. Dagegen erkannten wir nicht, dass der Zinsanstieg kurzfristig die Aktienmärkte, aber auch Immobilien beeinträchtigen würde, wie es im Jahresverlauf 2022 passierte; allerdings wussten wir im Januar 2022 auch noch nichts vom Kriegsbeginn in der Ukraine 4 Wochen später. Zumindest bei den Aktienmärkten waren die Kursverluste nicht nachhaltig, was man an den Rekordhohen Aktienindizes in vielen Ländern ablesen kann.
Den Kapitalmarktausblick können Sie auch hier herunterladen.