Kapitalmarktausblick 02/2025

Die aktuell zu erwartenden Maßnahmen der neuen US-Regierung

28.2.2025

Executive Summary:

Die neue US-Regierung will mit Zöllen und Abschiebungen von Migranten das Handelsdefizit, die Inflation und die Staatsschulden reduzieren. Dies wird nach ziemlich einhelliger Meinung der Ökonomen – auch in den USA – nicht funktionieren. Allmählich ahnen dies auch die Wähler von Herrn Trump; das Verbrauchervertrauen ist schon im ersten Monat seiner neuen Präsidentschaft weit unter das Niveau gefallen, das üblicherweise in Rezessionen herrscht.

Wenn Trump den richtigeren Weg zur Reduzierung des Handelsdefizits wählt, nämlich den Dollar zu schwächen, dürfte der US-Aktienmarkt darunter leiden, wie es seit Jahrzehnten immer der Fall war. Auch US-Anleger werden erkennen, dass Europa möglicherweise, getragen von stark steigenden Rüstungsausgaben, die es sich aufgrund der relativ niedrigen Staatsverschuldung auch leisten kann, wirtschaftlich aus der aktuellen Schwächephase heraustreten könnte. Davon würden die hiesigen Aktienmärkte profitieren, die viel billiger sind als die US-Firmen. Der Goldpreis könnte von einem schwächeren Dollar profitieren, auch wenn er ausnahmsweise in der aktuellen Phase eines starken Dollars nicht gefallen, sondern sogar stark gestiegen war. Ebenso sollten sich die übrigen Rohstoffe in einem Umfeld erhöhter Nachfrage (Rüstung, Wiederaufbau der Ukraine, …) gut entwickeln.

Zusammenfassung lesen

Ob der neue US-Präsident Ziele hat, die über den Erhalt und Ausbau seiner Macht und seines Privatvermögens – er hat durch die Ausgabe einer sinnfreien Kryptowährung mit seinem Namen seinen Anhängern eine Menge Geld abgeknöpft - hinausgehen, bleibt abzuwarten. Neben seinen aktuellen Bemühungen, die Demokratie in den USA und auch in Europa zu beschädigen, zeichnen sich einige für die weltweiten Kapitalmärkte wichtige Entwicklungen bereits deutlich ab. In den letzten Wochen führte Trump bereits Zölle ein, die aber sofort wieder zurückgenommen wurden (Kanada, Mexico). Dabei könnten die Warnungen aus der US-Industrie eine Rolle gespielt haben. Bob Farley, Chef des US-Autoherstellers Ford, hatte vor hohen Belastungen für die Autoproduktion in den USA gewarnt, wenn Zulieferteile aus diesen Ländern mit 25% Zöllen belegt würden (Quelle: Business Insider, 6. Februar 2025). Generell wirken die Zölle inflationssteigernd und wachstumsfeindlich und führen tendenziell zu einem steigenden Wechselkurs des US-Dollars (Quelle: Österreichische Nationalbank, 20. Januar 2025). Das ist aber neben dem Ärger mit der US-Industrie genau das, was die neue US-Regierung nicht gebrauchen kann. Trump möchte bekanntlich das Handelsbilanzdefizit der USA verringern, um für seine Wähler mehr Arbeitsplätze in der Industrie zu schaffen. Dabei zeigt sich, dass er die erste Lektion in der Populistenschule verstanden hat. Diese lautet: Bausche ein nicht besonders wichtiges Problem auf und präsentiere eine auch schlichten Gemütern einleuchtende Lösung, egal ob sie tauglich ist oder nicht. Die Handelsbilanz allein, die die Differenz der Wareneinfuhren zu den Warenausfuhren zeigt, sagt nicht viel aus. Wichtiger ist die Leistungsbilanz, die auch die Dienstleistungen, z.B. den Tourismus, beinhaltet.

Diese weist aktuell einen Wert von -3% des Volkseinkommens auf (Grafik 1); das Defizit war aber auch schon doppelt so hoch, ohne dass die USA untergegangen wären, zumal die amerikanischen Verbraucher ja nicht mit vorgehaltenem Colt gezwungen werden, deutsche oder japanische Autos zu kaufen. Mit Zöllen und einem steigenden Wechselkurs wird es jedenfalls nicht gelingen, dieses nicht besonders wichtige Problem zu lösen. Die US-Leistungsbilanz verschlechtert sich seit 30 Jahren, wenn 5 Jahre zuvor der US-Dollar-Wechselkurs gestiegen war (bzw. die blaue Linie in Grafik 2 gefallen war), und umgekehrt. Der Zusammenhang ist sehr eng; die Korrelation, die zwischen -1 (beide Werte bewegen sich immer in die entgegengesetzte Richtung) und +1 (beide Werte bewegen sich immer in die gleiche Richtung) liegen kann, beträgt immerhin +0,85 (Grafik 2). Zölle sind also keine taugliche Lösung.

Erschwerend für den „Tariff-Man“ Trump kommt hinzu, dass die weltweite wirtschaftspolitische Unsicherheit aufgrund der neuerdings aggressiven Außenpolitik der USA sowie der Zollankündigungen kräftig gestiegen ist (Grafik 3), was seit vielen Jahren zu einem fallenden Wechselkurs beigetragen hat. Die Korrelation der beiden Werte liegt bei -0,66; ein fallender Wechselkurs (das entspricht einem steigenden Wert des Dollars; man braucht weniger US-Dollars zum Kauf eines Euros, die blaue Linie in Grafik 3 ist invers gezeigt) geht meistens mit steigender Unsicherheit einher. Michael Hartnett, der Anlagestratege der renommierten US-Großbank Bank of America (BofA) sagt, dass die Inflation Trump dazu zwingen wird, sich für möglichst geringe Handelszölle zu entscheiden (Quelle: BofA, 14. Februar 2025). Bei steigender Inflation ist nämlich mit einer steigenden Zinsdifferenz der zweijährigen US-Staatsanleihen zu deutschen Bundesanleihen zu rechnen (blaue Linie in Grafik 5 fällt), was in den letzten Jahren zuverlässig zu einem steigenden Wert des Dollars geführt hat (orange Linie in Grafik 5 fällt). Wenn Donald Trump neben dem weitgehenden Verzicht auf Zölle auch noch außenpolitisch ruhigeres Fahrwasser erreicht, könnte der überbewertete US-Dollar (Grafiken 6 und 7) sogar fallen und das US-Leistungsbilanzdefizit wunschgemäß sinken. Letztlich wird der neue US-Finanzminister Bessent, ein ehemaliger Hedgefondsmanager, dem eine hohe Kompetenz zugeschrieben wird, seinem Chef diese Zusammenhänge erläutern. Nachdem das US-Konsumentenvertrauen nach Trumps erneutem Wahlsieg zunächst auf einen (niedrigen) Wert von 74 gestiegen war, haben die aggressiven und chaotischen Maßnahmen des ab dem 20. Januar aktiven Präsidenten Trump die Verbraucher erheblich verunsichert; der Wert ist auf 64,7 eingebrochen und liegt damit weit unter dem Durchschnittswert, der während der historischen Rezessionen erreicht wurde (Grafik 4, graue waagerechte Linie). Auch schwacher Konsum wird dem Dollar zusetzen; es ist also künftig mit einem Rückgang des Dollarkurses gegenüber dem Euro zu rechnen.  

Ein Anstieg des Euros ist jedoch nicht sicher zu erwarten, wenn die Wirtschaft der Eurozone weiterhin deutlich schwächer bleibt als die der USA. Ein möglicher Auslöser für einen Aufschwung in Europa könnte die zunehmend erkannte Notwendigkeit einer starken Ausweitung der Rüstungsausgaben sein. Man hatte sich nach dem ersten russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2014 weiterhin völlig auf die Amerikaner verlassen und auch nach dem zweiten Angriff im Februar 2022 erstaunlich langsam reagiert. Jetzt hat Trump die Europäer endgültig aufgeweckt, indem er amerikanische Unterstützung an deutlich verstärkte Rüstungsausgaben geknüpft hat.

Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfWl) hat in einer neuen  Studie gezeigt, dass eine Erhöhung der europäischen Verteidigungsausgaben von derzeit knapp 2% des Volkseinkommens auf 3,5% jährlich (dem aktuellen Niveau in den USA, blauer Pfeil in Grafik 8) rund 300 Mrd. € p.a. kosten würde, aber „diese Summe auch eine ähnlich hohe zusätzliche private Wirtschaftstätigkeit erzeugen könnte, wenn sie gezielt in den Ausbau der militärischen Fähigkeiten investiert würde“, anstatt wie bisher 80% der gekauften Rüstungsgüter von Unternehmen außerhalb der Europäischen Union zu beziehen. Nach Auffassung des Präsidenten des IfW, Prof. Moritz Schularick, könnten die wirtschaftlichen Auswirkungen „weit über kurzfristige fiskalische Multiplikatoreffekte hinausgehen und das Wachstum mittelfristig ankurbeln“. Allerdings sollten diese Ausgaben durch Schulden, nicht durch Steuerhöhungen finanziert werden, da diese das Wachstum gleich wieder abwürgen dürften.

Glücklicherweise kühlt die Liebe der Deutschen zu ihrer Schuldenbremse rechtzeitig ab, wie Grafik 9 zeigt.

Etwas Vergleichbares gibt es übrigens nur in Deutschland. Für sinnvolle Investitionen ist eine Schuldenbremse vollkommen falsch – und etwas Sinnvolleres als die Sicherung der Freiheit Europas kann ich mir nicht vorstellen. Es gibt sogar Indizien dafür, dass die Schuldenbremse in erheblichem Maße an der Misere Deutschlands mitschuldig ist (Grafiken 12 und 13). Es gab in ferner Vergangenheit durchaus Phasen, wo die deutsche Wirtschaft erhebliche Produktivitätsfortschritte machte und auch die schon zu dieser Zeit – der beginnenden Internet-Ära – technologisch überlegenen USA deutlich abhängen konnte (Grafik 10). Ein möglicher Grund dafür dürfte darin gelegen haben, dass die Deutschen ab dem Jahr 1996, dem Beginn der Produktivitätsmessung für die Eurozone, ihre Schulden deutlich stärker ausweiteten als die USA oder die Eurozone (Grafik 11). Deutschland liegt in beiden Grafiken vorn, dann folgen die USA und zuletzt kommt die bei den Schulden in dieser Zeit besonders vorsichtige Eurozone (die stark sinkende Verschuldung der USA bis 2001 war eine Folge des beispiellosen Booms von Technologie-, Telekom- und Internetaktien dieser Jahre, der der US-Regierung enorme Steuereinnahmen aus der landesüblichen „Capital Gains Tax“ beschert hatte).

Nach 2008 waren die Verläufe von Produktivität und Staatsverschuldung noch ähnlicher (Grafiken 12 und 13). Wenn jetzt in Europa kräftig in Rüstungstechnologie investiert wird, könnte die wirtschaftliche Entwicklung in Europa in den nächsten Jahren tatsächlich besser verlaufen als in den USA, die nach ihrem schuldenfinanzierten Boom vor etlichen Problemen stehen. Der aktuell schwierige Ausblick für Europa (Grafik 16) könnte sich verbessern.

Der Leading Economic Indicator (LEI) der USA zeigt schon seit 2022 wachsende Probleme für die künftige Entwicklung der US-Wirtschaft an (Grafik 14), die aber aufgrund der starken Neuverschuldung der US-Regierung (Grafik 17) bisher überdeckt wurden. Auch die stark wachsende Auslandsverschuldung (Grafik 18) hat bisher der US-Wirtschaft geholfen, weil im Ausland geliehenes Geld im Inland ausgegeben werden kann, ohne dass ein Amerikaner sparen musste. Die Ausländer, die Geld in Amerika anlegen, müssen zunächst US-Dollar kaufen. Dadurch steigt der Dollarkurs an. Sollten sich die ausländischen Kapitalgeber zurückziehen, werden der Dollar und die US-Wirtschaft gleichzeitig geschwächt. Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Stiglitz beschreibt in einem Artikel vom 3. September 2024 (Quelle: www.project-syndicate.org) ausführlich die zahlreichen Risiken, die ein Präsident Trump für die US-Wirtschaft mit seinen falschen wirtschaftlichen und politischen Zielen auslösen wird. Das könnte durchaus ein Nachlassen des Vertrauens der ausländischen Investoren bewirken, so wie Trump bereits das Verbrauchervertrauen beschädigt hat (Grafik 4). Dieses ist ein wichtiger Bestandteil des LEI, ebenso wie die Neubautätigkeit im Wohnungsbereich (Grafik 15).

Ein weiterer Bestandteil des US-LEI ist der US-Aktienmarkt, der seit dem Wahlsieg von Trump und der Machtergreifung des nicht gewählten Elon Musk den Europäern und den Schwellenländern hinterherhinkt.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat eine längerfristige Phase der Underperformance von US-Aktien begonnen. In den letzten 55 Jahren gab es nur einen Fall, in dem einer der großen Aktienmärkte stark überbewertet und die anderen Aktienmärkte normal bewertet waren, nämlich Japan in der 2. Hälfte der 80er Jahre (Grafik 20). Der japanische Aktienindex Nikkei erreichte erst 35 Jahre nach dem Höhepunkt im Dezember 1989 wieder das Kursniveau von damals, während sich alle anderen großen Aktienmärkte seitdem vervielfacht hatten. Die auffallenden Parallelen der damaligen Japan-Blase zur aktuellen USA-Blase finden Sie im Kapitalmarktausblick vom November 2024, den Sie hier finden. Wenn man mit der Kennzahl Aktienkurse / Bruttogewinne (Grafik 20) Prognosen erstellt, so ergibt sich für US-Aktien, deren Bewertung auf einem Rekordwert seit 1973 liegt, eine Ertragserwartung von -4% p.a. bis 2035 (Grafik 21), während Europas Aktienmärkte durchschnittlich noch knapp +5% p.a. erreichen können (Grafik 22).

Ein interessantes Beispiel für die Übertreibungen am US-Aktienmarkt ist die Bewertung von Tesla. Die durch phantasiereiche, aber nur selten eintretende Vorhersagen ihres CEOs Elon Musk extrem teure Tesla-Aktie schaffte von 2021 bis 2024 nur noch 7,5% Gewinnwachstum pro Jahr, der Gewinn des chinesischen Herstellers von Elektroautos BYD wuchs in diesen 3 Jahren jährlich um 120%, ist aber mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 weitaus billiger als die Tesla-Aktie, die mit dem 141-fachen des Gewinns bewertet wird (Grafik 23).

Europäische Autohersteller werden mit einstelligen Kurs-Gewinn-Verhältnissen gehandelt (Grafik 24). Auch Toyota ist preiswert. Wer noch immer glaubt, der geniale Elon Musk wird auch zukünftig Wunder vollbringen, dem sei der lesenswerte Artikel im neuesten manager-magazin empfohlen. Der Titel lautet: „CRASHING TESLA. Absatzminus, Innovationskrise: Elon Musk gefährdet den Elektropionier“. Den Tesla-Aktionären scheint bisher nicht aufgefallen zu sein, dass Tesla wie auch VW nicht mehr wächst. Nullwachstum gibt es aber bei VW (Kurs-Gewinn-Verhältnis 3,9) weitaus günstiger. Übrigens liegt die Bewertung von „normalen“ Autofirmen in den USA (General Motors, Ford) etwa ebenso niedrig wie in Europa. Nur Ferrari als margenstarker Luxushersteller ist deutlich teurer. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis lag in den letzten Jahren zwischen 39 und 54, aber es gab auch ein solides Gewinnwachstum von 23,5% p.a., also mehr als dreimal so hoch wie bei Tesla.

Fragwürdige Prophezeiungen und Aussagen können am Aktienmarkt ebenso wie in der Politik heutzutage offensichtlich Wunder bewirken, aber diese dauern nicht ewig. Der berühmte amerikanische Präsident Abraham Lincoln, der Sieger des US-Bürgerkriegs von 1861 bis 1865, hat dazu einmal bemerkt: „Man kann alle Leute für einige Zeit und einige Leute für alle Zeit, nicht aber alle Leute für alle Zeit hinters Licht führen.“ (Quelle: www.zitate7.de). Das besonders Traurige an der aktuellen politischen Entwicklung in den USA ist die gezielte Bekämpfung der Wahrheit und der Wissenschaft durch die neue US-Regierung und ihren Sonderbeauftragten. Amerika wurde durch Wissenschaft, die Voraussetzung für Technologie und Fortschritt, groß. Das Land wird jedoch unter der neuen Regierung leiden müssen, wenn sich der neue Trend zur Lüge als nachhaltig erweist – ein weiteres Argument für eine kommende strukturelle Schwäche des US-Dollars und des Aktienmarktes.

Unter der Annahme eines künftigen Rückgangs des Wertes des US-Dollar gegenüber dem Euro sollte eine anhaltende Phase der Outperformance von europäischen Aktien im Vergleich zu US-Aktien stattfinden, wie es in den letzten 55 Jahren üblich war. Grafik 25 zeigt diesen sehr engen Zusammenhang. Wenn die rote Linie fällt, entwickeln sich europäische Aktien schwächer als amerikanische (bewegen sich Wechselkurs und relative Performance europäischer Aktien in der gleichen Richtung, ist die Korrelation, die zwischen -1 (immer entgegengesetzte Richtung) und +1 (immer gleiche Richtung) liegen kann, positiv). Gleichzeitig fällt dann meistens auch die blaue Linie (Korrelation durchschnittlich +0,80), was bedeutet, dass man weniger US-Dollars benötigt, um einen Euro kaufen zu können. Als die blaue Linie zuletzt anstieg, nämlich vom Juni 2001, als man nur 0,847 US-Dollar für den Kauf eines Euros brauchte, bis zum März 2008, als erste größere Probleme am US-Immobilienmarkt sichtbar wurden und man 1,585 US-Dollar für einen Euro zahlen musste, entwickelten sich die Kurse der europäischen Aktien um 51% besser als die der Amerikanischen. Zu Beginn dieser Outperformance waren US-Aktien mit dem 14,9-fachen, europäische dagegen nur mit dem 10,4-fachen des Bruttogewinns (Cash Flows) bewertet. Billige Aktienmärkte machen seit Jahrzehnten eine bessere Performance als teure (Grafiken 21 und 22), so dass die Outperformance Europas damals nicht überraschend war. Heute sind US-Aktien mit dem 19,6-fachen, europäische mit dem 10,4-fachen Cash Flow bewertet, also noch stärker überbewertet, als sie es im Juni 2021 bei Beginn des letzten Dollarkursrückganges waren. Die Wahrscheinlichkeit für eine Outperformance Europas gegenüber den USA in den nächsten 10 Jahren ist damit ausgesprochen hoch. Auch bei den Aktien der Schwellenländer existiert dieser Zusammenhang (Grafik 26).                                                              

Der Goldpreis stieg von 1969 bis Juli 2017 ebenfalls meistens an, wenn mehr US-Dollars zum Kauf eines Euros gebraucht wurden, der Wechselkurs also stieg (daher die positive Korrelation) und der Wert eines Dollars fiel, und umgekehrt (Grafik 27). Nach 2017 änderte sich der Zusammenhang und der Goldpreis reagierte nicht mehr negativ auf einen steigenden Wert des US-Dollars (fallenden Wechselkurs). Von Ende 1979 bis Ende 1984 und danach von März 1995 bis Juni 2001 hatte das noch gut funktioniert. Auch die anderen Rohstoffe außer Gold reagieren seit einigen Jahren (April 2019) nicht mehr negativ auf einen steigenden US-Dollar bzw. fallenden Wechselkurs (Grafik 28).  

Der Grund für die Änderung dieser seit Jahrzehnten bestehenden Korrelationen steht nicht in der Zeitung; man kann ihn nur vermuten. Eine mögliche Erklärung beginnt mit der seit Jahren rapide gestiegenen Staatsverschuldung der USA, auch im Vergleich zur Eurozone (Grafik 17). Dann veränderte sich vor über 10 Jahren unter Präsident Obama auch die Logik der Aufnahme von Staatsschulden. Jahrzehntelang hatte die US-Regierung die Staatsdefizite erhöht, wenn die Arbeitslosenrate anstieg und umgekehrt (Grafik 29); nun erhöhte man die Defizite auch bei sinkender Arbeitslosigkeit, man gab also weiter Gas, obwohl der Motor schon auf hohen Touren lief. Auch der angeblich konservative Trump, der ab Anfang 2017 Präsident war, dopte die Wirtschaft trotz weiter sinkender Arbeitslosigkeit, bis Anfang des Jahres 2020 die Corona-Krise die alte Logik wieder auferstehen ließ – die Arbeitslosenrate schoss nach oben und die Regierung half mit hohen Staatsdefiziten. Diese blieben aber untere Präsident Biden (ab Anfang 2021) trotz wieder stark gesunkener Arbeitslosigkeit auffallend hoch, was zu noch mehr Nervosität vieler Anleger beigetragen haben dürfte. Dann kam im Februar 2022 der Angriff Russlands auf die Ukraine. Der Goldpreis begann nach kurzem Zögern stark zu steigen, obwohl die Renditen von inflationsgeschützten US-Staatsanleihen – einem bis dahin guten Ersatzprodukt für Gold – von -1% auf über 2% anstiegen (Grafik 30). Eine jahrelang gültige und wirtschaftlich logische Beziehung zwischen dem Goldpreis und der Rendite inflationsgeschützter Staatsanleihen zerbrach völlig. Dafür gibt es keine andere vernünftige Erklärung als das wachsende Misstrauen von Anlegern gegenüber US-Staatsanleihen, weil die ohnehin schon finanziell arg strapazierte US-Regierung nun auch noch höhere Ausgaben für Rüstungszwecke tätigen muss. Bei den übrigen Rohstoffen dürften außerdem Angebotsprobleme während der Corona-Krise und nach dem Kriegsbeginn eine Rolle gespielt haben. Krieg, Aufrüstung und späterer Wiederaufbau der Zerstörungen erhöht den Rohstoffbedarf zusätzlich.

Fazit

Trump hat mit seiner Vorliebe für Zölle und Abschiebung von Migranten die falschen Rezepte für die Probleme der US-Wirtschaft. Vielleicht weiß er dies und benutzt Zölle lediglich als Drohkulisse für „Deals“. Wenn er wenig bis nichts seiner geplanten Maßnahmen umsetzt, wird der Dollar, der ohnehin durch die sich abschwächende Wirtschaft künftig geschwächt wird, und danach auch das Handelsdefizit deutlich fallen, zumal die europäische Wirtschaft durch höhere Rüstungsausgaben und einen späteren Wiederaufbau der Ukraine die durch hohe Staatsschulden gedopte US-Wirtschaft einholen könnte. Der stark überbewertet Aktienmarkt dürfte sich in diesem Umfeld aus mehreren Gründen nach vielen Jahren der Outperformance deutlich schlechter entwickeln als die Aktienmärkte Europas oder der Schwellenländer. Der massive Einsatz der Lüge in der neuen amerikanischen Führung wird diese Entwicklung verstärken.

Konsequenzen für das Portfolio

  • Aktien: Wir bleiben untergewichtet und präferieren Europa gegenüber den USA.
  • Anleihen: Wir bleiben untergewichtet, sehen Anleihen primär als Diversifikation in unsicheren Zeiten.
  • Gold: Wir bleiben übergewichtet in Zeiten globaler Krisen.
  • Liquidität: Wir bleiben übergewichtet, um flexibel reagieren zu können.

Abschließend unsere Kernaussagen aus dem Kapitalmarktausblick vom Februar 2022, den Sie hier finden:

Vor 3 Jahren untersuchten wir die Frage, ob die schwache demografische Entwicklung in den Industrie-, aber auch in Schwellenländern durch Produktivitätsgewinne der Arbeitskräfte aufgefangen werden kann. Das Ergebnis war, dass es viele Faktoren gibt, die die Produktivität schwächen, aber auch einige positive Tendenzen. Der Einsatz von Robotern ist in Ländern mit besonders geringer Geburtenrate (Südkorea, Singapur) besonders hoch und umgekehrt. Kapitalverschwendung der Regierungen, die sich durch im Verhältnis zum Volkseinkommen steigende Staatsschulden erkennen lässt, sind dagegen genauso negativ wie die zu niedrige mathematisch-naturwissenschaftliche Bildung in den westlichen Industriestaaten, der insbesondere in Deutschland extrem ineffiziente Sozialstaat, die ausufernde Regulierung und die zunehmende Monopolbildung.

Den Kapitalmarktausblick können Sie auch hier herunterladen.

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